Karibik als Ort literarischer Produktion

Die eindringlichsten Literaturen bilden sich in Bodennähe. Am Rande des Literaturbetriebs, noch außer Reichweite der Kanonisierung durch Preise, Messen, Agenten, entstehen permanent Texte, die überraschen, bewegen und verstören. Es sind Texte, die trotz allem entstehen, trotz schwieriger sozialer, politischer, persönlicher Situationen, obwohl sich nur mutige, unabhängige Verlage für sie interessieren, obwohl kein Zugang zum internationalen Markt in erreichbarer Nähe zu sein scheint. Diese Texte sucht alba.lateinamerika lesen e.V. und bringt sie – trotz allem – ins Deutsche. Dabei sind die literarische Qualität und das Energiepotenzial der Literatur das, was die Redaktion bewegt.

In der neuen Ausgabe der Literaturzeitschrift erstreckt sich nun die Karibik mit bekannten und unbekannten, menschlichen und tierischen Protagonisten, karibischen Subjekten auf surrealen Reisen, Drogenrausch und poetischem Dünnschiss, ethnografischen Karibik-Inszenierungen und schonungslosen Auseinandersetzungen mit kolonialem Erbe und Unrecht über ein Heft, dessen Worte es zu entziffern gilt.

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Selfpublishing-Buchpreis 2021

Wie schon im letzten Jahr, sucht der Selfpublisher Verband e.V. auch in diesem Jahr die besten Selfpublisher-Titel in den Kategorien Belletristik, Kinder- und Jugendbuch sowie Sachbuch & Ratgeber. Die jährliche Vergabe des Deutschen Selfpublishing-Preises erfolgte bereits seit 2017, musste aber aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr 2020 ausfallen. Dafür hat der Selfpublisher Verband e.V. aber einen alternativen Preis auf die Beine gestellt: Den Selfpublishing-Buchpreis. Dieser Preis unterstützt verlagsunabhängige Autorinnen und Autoren und bietet eine medienwirksame Plattform, um neue Leserinnen und Leser zu gewinnen.

Am 6. August wurde nun die Longlist des Selfpublishing-Buchpreises bekannt gegeben. Insgesamt 1138 Bücher wurden dieses Jahr eingereicht, 30 davon haben es auf die Longlist geschafft. Bunt gemischt durch verschiedene Genres spiegeln sie die besten selbstveröffentlichten Bücher des vergangenen Jahres wider. Die vollständige Longlist kann hier eingesehen werden.

Archäoastronomischer Komplex von Chankillo

Bild © IDARC (Ivan Ghezzi)

Der von der Unesco selbst so benannte archäoastronomische Komplex von Chankillo wurde am 27. Juli 2021 als dreizehnte Stätte in Peru zum Weltkulturerbe erklärt (auf die Nominierung hatte ich bereits im Februar letzten Jahres hingewiesen). Auf der 44. Sitzung des Welterbekomitees in Paris wurde festgestellt, dass das Sonnenobservatorium von Chankillo ein ganz besonderer Bautyp ist, der die Entwicklung der indigenen Astronomie in Amerika repräsentiert. Dies bezieht sich auf die Tatsache, dass die Stätte eine große Innovation darstellt, indem sie den Sonnenzyklus und einen künstlichen Horizont, in diesem Fall die 13 Türme des Observatoriums, nutzt, um die Sonnenwenden, die Tagundnachtgleichen und jedes andere Datum innerhalb des Jahres mit großer Präzision zu markieren.

Nach der Anerkennung als Weltkulturerbe hat die Unesco vor allem vier Empfehlungen ausgesprochen: (1) Entwicklung eines langfristigen Erhaltungsprogramms, das vorbeugende Maßnahmen wie Verstärkungen und den Bau von Behelfsdächern sowie Konservierungs-, Restaurierungs- und Wartungsarbeiten umfasst. (2) Sicherstellung der erforderlichen Mittel für die Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen für die Kulturstätte. (3) Durchführung erforderlicher Maßnahmen, um einen möglichen Anstieg der Touristenzahlen zu bewältigen und eine Vorab-Bewertung der Auswirkungen auf das Kulturerbe, bevor ein Infrastrukturprojekt durchgeführt wird. (4) Einbindung der lokalen Gemeinschaften in den Schutz, die Erhaltung und die Förderung von Chankillo.

Einem Tourismusbericht aus dem Jahr 2015 zufolge haben die Stätten in Peru, die zum Weltkulturerbe erklärt wurden, einen Besucherstrom von mehr als 100 000 Touristen nach sich gezogen. Unter Berücksichtigung dieser Daten, würden die Besucherzahlen in Chankillo nach und nach diesen Wert erreichen, und die Auswirkungen für Casma, der Provinz, in der sich die archäologische Stätte befindet, würden sich auf über 2 Millionen Euro pro Jahr belaufen, wenn man die Bedingungen, die in diesen anderen Stätten vorherrschen, nachbilden würde.

Amalia Valdés: „Todos somos uno/ Und alle sind wir eins“

Foto: © Amalia Valdés

In ihrem Werk „Und alle sind wir eins“ widmet sich die chilenische Künstlerin Amalia Valdés der Vorstellungswelt der andinen Ureinwohner. In ihrer Arbeit interpretiert sie die „Wiphala“, Sinnbild der Einheit und Ganzheitlichkeit in der Philosophie der Ersten Völker Lateinamerikas.

Ihre Ausstellung ist bis zum 28. August in der Berliner Galerie Mommsen35 zu sehen. Die Arbeit besteht aus einer Hängung von 49 Modulen, bestehend aus Korkplatten, die eine Wiphala nachbilden. Die Wiphala ist eine quadratische Flagge, die die sieben Farben des Regenbogens enthält, und zu gleichen Teilen aufgeteilt ist. Das harmonische Emblem drückt Einheit aus und wird von mehreren südamerikanischen Kulturen verwendet. Dieses Symbol ist viel mehr als eine Flagge, es ist die Darstellung der andinen Philosophie, die durch Raum, Zeit und Energie ein Ganzes bildet. Auf diese Weise erkennt das Projekt die Philosophie der ursprünglichen lateinamerikanischen Völker als eine vitale und wesentliche Weltanschaung an, die uns wieder mit dem Ursprung des Kosmos verbindet.

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Los Halcones

Foto: Archiv El Universal

Heute, am 10. Juni 2021, jährt sich zum 50. Mal die Unterdrückung der Studenten, die sich auf der Avenue Calzada México-Tacuba in Mexiko-Stadt versammelten, um von der Regierung unter Luis Echeverría Álvarez (1970-1976) politische Freiheit zu fordern. In der näheren Umgebung der Benemérita Escuela Nacional de Maestros gingen an diesem Tag Studenten der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) und des Instituto Politécnico Nacional (IPN) auf die Straße, um vom damaligen Präsidenten Luis Echeverría neben der politischen Freiheit die Demokratisierung des Bildungswesens zu fordern. Es war die erste große Studentendemonstration nach den Ereignissen, die drei Jahre zuvor (1968) in Tlatelolco stattgefunden hatten. Die friedliche Demonstration endete in einem Massaker, als die paramilitärische Gruppe „Los Halcones“ das Feuer eröffnete, um die Studenten zurückzudrängen, wobei es mindestens 120 Tote, viele Vermisste und etwa fünfhundert Verletzte gab.

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EllaLink eingeweiht

Quelle: Bella

Zum Start der Leading the Digital Decade, einer Veranstaltung über die europäische digitale Transformation bis 2030 in Portugal, haben die Europäische Kommission und die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstag, den 1. Juni das transatlantische Kabel „EllaLink“ eingeweiht, das Europa mit Lateinamerika verbindet. Das 6.000 Kilometer lange Unterseekabel sorgt für einen schnelleren Datenaustausch beider Kontinente. Die derzeitige Latenzzeit wird um die Hälfte reduziert und unter 60 Millisekunden gebracht. „EllaLink“ ist die digitale Datenautobahn, die Fortaleza in Brasilien mit Sines in Portugal verbindet. Das optische Seekabel ermöglicht die erste direkte Datenverbindung mit hoher Kapazität zwischen den beiden Kontinenten. Es verläuft bis zu 4.500 Meter unter Wasser und wurde von der EU im Rahmen des BELLA-Programms kofinanziert. Es wird dazu beitragen, die europäische und lateinamerikanische Zusammenarbeit in Forschung und Bildung für die nächsten 25 Jahre zu verändern. BELLA wird 65 Millionen Nutzer in mehr als 12.000 Einrichtungen in Europa und Lateinamerika erreichen.

Digitales Erinnerungsarchiv in Chile

In Chile wurde das erste digitale Archiv zur nationalen historischen Erinnerung eröffnet. Künftig soll dieses Erinnerungsarchiv einen nationalen wie internationaler Bezugspunkt zum Thema Erinnerung und Menschenrechte darstellen und verfolgt vorrangig das Ziel, bereits vorhandene Kulturprojekte und Erinnerungsorte zu registrieren, zu systematisieren und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Damit entsteht ein nationales Verzeichnis, um Gedenkstätten sichtbar zu machen und sie zu geolokalisieren. Eine Dokumentensammlung soll historische Erinnerung noch stärker bekannt machen und lebendig halten, damit sich Geschehnisse dieser Art niemals wieder ereignen. Dies kann die Erinnerung an die Opfer der Diktatur sichtbar machen, da diese Plattform es erlauben soll, die Wahrheit zu erfahren, die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen kennenzulernen und Bildungsprogramme zu dieser Thematik zu entwickeln. Auch einschlägige Organisationen aus der Zivilgesellschaft werden sich mit ihren Aktivitäten und Netzwerken einbringen können, so dass das Archiv ständig aktualisiert und vervollständigt werden kann.

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Das Haus als Museum

Bild: „Mujeres Consciencia“
© Leonora Carrington

Im Oktober 2018 öffnete bereits das zweite Museum, welches der Malerin und Schriftstellerin Leonora Carrington in San Luis Potosí gewidmet ist. Das erste Museum befindet sich in der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates von Mexiko. Nun öffnet auch das Haus der anglo-mexikanischen Künstlerin in Mexiko-Stadt seine Türen für die Öffentlichkeit, um als Museum einige ihrer Werke und persönlichen Gegenstände auszustellen. Der neu zu eröffnende Raum beherbergt Gegenstände des täglichen Lebens der Familie Weisz Carrington, die in diesem Haus in der Colonia Roma mehr als 60 Jahre lang lebte. Ausgestellt werden nach Auskunft von Alejandra Osorio, Kulturdirektorin der Universidad Autónoma Metropolitana (UAM) mehr als 8.600 Objekte. Pablo Weisz Carrington, der Sohn der Künstlerin, verkaufte das Haus an die UAM unter der Bedingung, dass es ein Museum werden würde. Im Gegenzug spendete er im Mai 2020 die Werke seiner Mutter im Wert von drei Millionen Dollar.

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Podcast über Frauen und Macht: „Weltbewegend“

Bild © rbbKultur

Der Podcast „Weltbewegend“ von und mit Franziska Walser fragt nach den Rahmenbedingungen für weibliche Macht weltweit. Darin stellt sie Biografien von Staatschefinnen, Politikerinnen und Führungsfrauen vor – darunter Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern, Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin, EZB-Chefin Christine Lagarde oder Friedensnobelpreisträgerin und Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Mit Expertinnen diskutiert Franziska Walser Themen wie Female Leadership, Aufstieg und Scheitern, Vereinbarkeit des Berufs mit Familie, Schwesternschaft und Konkurrenz.

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Kolumbianische Schattenseiten

Erzählungen (1): Kolumbianische Schattenseiten

In den nächsten Wochen erscheinen hier vorab Ausschnitte aus den Erzählungen, die Ende des Jahres 2021 in einem Buch veröffentlicht werden sollen.

Carlos, ein junger Mann von 24 Jahren, war gebürtig aus Mocoa, der Hauptstadt des kolumbianischen Bezirks Putumayo, der im Süden an den Bezirk Cauca grenzt. Er stellte sich der Familie von Lupita als Kaufmann von Handelswaren aus Ecuador vor, womit er auch seine wiederholten Abwesenheiten, die sich über mehrere Wochen hinziehen konnten, erklärte.
An dem Tag des unerwarteten Wiedersehens mit seiner Braut in dem Vorort von Popayán kam er allerdings nie in dem Haus an, zu dem er Lupita zuvor per Telefon bestellt hatte. Stattdessen wurde sie dort von den drei Brüdern von Carlos empfangen, er selbst aber tauchte bis zum Abend nicht auf. Und er war es auch, den die bewaffneten Männer suchten, die in dieser Nacht in das Haus eindrangen, indem sie die Tür aufbrachen. Laut einem Bericht der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte, zwang das Überfallkommando Lupita mit ihrem kleinen Sohn David, sowie Jorge, einen der jüngeren Brüder von Carlos, aus dem Haus zu gehen. Sobald sie vor dem Haus waren, setzten sie alle drei mit vorgehaltener Waffe auf einen weißen Pritschenwagen und verschleppten sie noch in derselben Nacht an einen unbekannten Ort. Den beiden anderen Brüdern, die im Haus geblieben waren, hinterließen sie eine an Carlos adressierte Nachricht auf einem Stück Papier, welches sie deutlich sichtbar in der Küche an die Wand nagelten, und auf dem mit einfacher Handschrift geschrieben stand:
„Grüße von Lupita und David. Übergeben Sie das, was Sie haben, oder Sie werden die beiden nie mehr wiedersehen.“
Damit begann das bittere Weihnachtsfest für Maria, ihren Mann Ernesto und den Rest der Familie. Ihre Tochter Lupita, die jüngste von vier Geschwistern, und ihr 11 Monate alter Enkel tauchten in Popayán nirgends auf, und niemand hatte sie je wieder gesehen.

Fortsetzung folgt…