Volver a contar

Bild: Hay Festival

Zehn Autoren werden mit den Kuratoren des Santo Domingo Centre of Excellence for Latin American Research (SDCELAR) zusammenarbeiten, um Geschichten zu schreiben, die von Objekten aus der mittel- und südamerikanischen Sammlung des British Museum inspiriert sind und im September 2022 unter dem Titel Volver a contar: Escritores de América Latina en los archivos del Museo Británico (Anagrama) und Untold Microcosms: Latin American Writers in the British Museum (Charco Press) veröffentlicht werden sollen. Die Sammlung des Museums umfasst etwa 62.000 Objekte, die 10.000 Jahre menschlicher Geschichte in der Region abdecken. Das Projekt Volver a contar wird die Erzählungen über die Vergangenheit Amerikas untersuchen, die durch die Sammlungen des Museums trotz ihrer Lücken und Zerschlagungen geschaffen wird. Eine neue internationale Zusammenarbeit zwischen SDCELAR und dem Hay Festival wird neue Geschichten inspirieren, die auf Objekten aus der Sammlung Amerikas basieren, die derzeit nicht ausgestellt sind.

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Big Brother is watching you

Bild: TraLaLit

Anlässlich des bevorstehenden Todestages von George Orwell, der sich am 21. Januar 2022 zum 72. Mal jährt, lohnt sich ein Blick auf einen Vergleich der Übersetzungen seines Romans 1984. Julia Rosche hat schon vor einem Jahr für TraLaLit, dem Magazin für übersetzte Literatur, einen interessanten Beitrag verfasst, in welchem sie die Übersetzungen der verschiedenen Verlage aus dem Jahr 2021 der Übersetzung von Kurt Wagenseil (1950) und Michael Walter (1984) aus dem Ullstein Verlag gegenüberstellt. Nachdem das Werk von Orwell seit 2020 gemeinfrei ist und die Übersetzungsrechte nicht mehr beim Ullstein Verlag liegen, haben namhafte Verlage eine eigene Übersetzung herausgebracht.

In den gerade neu aufgelegten neuerlichen Übersetzungen haben sich die Übersetzer mit dem Wort „Newspeak“ nicht wirkliche Mühe gegeben und bleiben bis auf kleine Ausnahmen bei dem Wort „Neusprech“, was schon in der Übersetzung von Walter von dem Wort „Neusprache“ von Wagenseil abweicht. Auch die Wortspiele „Big Brother“ („Großer Bruder“), „Doublethink“ („Doppeldenk“ mit Ausnahme von Simone Fischer, die bei der alten Übersetzung von Kurt Wagenseil „Zwiedenken“ bleibt), „thinkpol“ („Gedankenpolizei“ mit Ausnahme von Frank Heibert, der mit „Denkpol“ hier abweicht) oder „goodthink“ als „Gutdenk“ lassen sich nicht wirklich gravierende Unterschiede finden.

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Bedürfnis nach Abgeschiedenheit

Yvonne Dewerne hat in Esquire einen Beitrag über das Alleinsein veröffentlicht, in dem sie darauf aufmerksam macht, wie wichtig es ist, das Alleinsein zu lernen, da es für unser Wohlbefinden große Vorteile bringt.

Die Begriffe „Einsamkeit“ und „Alleinsein“ werden heutzutage meist synonym verwendet, dabei gibt es einen großen Unterschied: Einsamkeit macht Menschen krank, Alleinsein macht sie glücklich. Einsamkeit geht einher mit einem höheren Risiko für Herzinfarkt, Demenz und vor allem Depression. Und Alleinsein sollte eine freiwillige Entscheidung sein. Wer mit sich selbst Zeit verbringt, weiß besser, wer er oder sie eigentlich ist. Und das kann ein großer Vorteil sein. Auch sind wir durchs Alleinsein stärker im Einklang mit der Natur und unserer Umgebung – einfach, weil wir diese mit ungeteilter Aufmerksamkeit erleben und wahrnehmen können. Wir nehmen Notiz von der Architektur oder sehen einen neuen Laden, den wir besuchen wollen. Die Beispiele sind vielfältig. Und wir fühlen uns freier, weil wir unabhängiger und selbstsicherer sind.

Schon immer haben kreative Menschen und Künstler die Einsamkeit als Quelle der Inspiration gepriesen. Andere sehen es als „Luxus“ an, da Alleinsein zu Unrecht einen schlechten Ruf hat. ”Alleinsein ist Sehnsuchtsort und Höllenvorstellung zugleich“. Die sechs Vorteile des Alleinseins, die Yvonne Dewerne in ihrem Beitrag auflistet, können hier nachgelesen werden.

Bedingungsloses Grundeinkommen und die Diskussion darüber

Seit über ein Bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert wird, schallt ihm der Vorwurf entgegen, es solle die Lösung für alle Probleme sein und sei deswegen unrealistisch oder gar naiv. Obwohl seit Jahren Befürworter hervorheben, dass es kein Allheilmittel ist, in etlichen Abhandlungen dies ausgeführt wird, erfreut sich dennoch dieser Vorwurf großer Beliebtheit. Selbst wenn es Befürworter gibt, die die Hoffnung auf eine einfache Lösung haben, hat das mit der Idee eines BGE nichts zu tun, die Hoffnung bezeugt nur den Wunsch nach einer einfachen Lösung. Selbst wenn mit einem BGE der gesamte Sozialstaat ersetzt werden soll, solche Befürworter gibt es, folgt dies nicht aus einem BGE, sofern man sich an den etablierten Kriterien orientiert, z. B. des Basic Income Earth Networks oder des Netzwerks Grundeinkommen. Folgt man der Systematik, die die Kriterien miteinander verbindet, ergeben sich Schlussfolgerungen, die naheliegen und andere, die abwegig sind und der Systematik entgegenstehen. Dass man einem BGE alles Mögliche anhängen kann, ist nicht ungewöhnlich, die Geschichte manchen Vorschlags kann dafür Pate stehen.

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Papst Franziskus und die Werbung

Es scheint fast so, als wollte Papst Franziskus Werbung für das Buch von Melacio Castro Mendoza mit dem Titel Der Mann aus Rupak Tanta machen. Darin schreibt der Autor:

Ohne auf das einzugehen, was er mir sagen wollte, bemerkten wir ganz in der Nähe zwei ältere Frauen, die in dicke Mäntel gekleidet waren und elegante Wollschals um Haar und Hals trugen. Ihre Beschäftigung? Mit ihren Hunden spazieren gehen. (S. 88) […] „Gandhi ist der Name meines Hundes. Er ist der Einzige, der mich zu den Sternen emporhebt.“ (S. 130) […] „Warum sind gerade in Essen, aber auch in Deutschland im Allgemeinen, so viele Menschen reichlich vorhanden, die liebevoller mit ihren Autos und freundlicher mit ihren Hunden umgehen als mit Kindern und Ausländern?“ (S. 195) […] „Wenn sie ihre Autos und ihre Hunde den Kindern und Ausländern vorziehen, dann deshalb, weil sie das natürliche Bedürfnis haben, ohne großes Risiko das eine oder andere zu verfluchen, zu beschimpfen, mit ihm zu reden, zu streicheln und zu misshandeln. (S. 196)

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Schreiben zur Befriedigung der Wut

Bild: Editions Grasset

Mehr als dreißig Jahre nach den Ereignissen legt Vanessa Springora mit Le consentement (2020) ein Buch vor, das mit einer verblüffenden Klarheit und in einer bemerkenswerten Sprache geschrieben ist. Sie schildert darin den unerbittlichen Prozess der psychischen Manipulation und die erschreckende Ambiguität, in die das willige, liebende, sehr junge Opfer versetzt wird. Doch über ihre individuelle Geschichte hinaus hinterfragt sie auch ein Stück weit die Verirrungen einer Epoche und die Selbstgefälligkeit eines Milieus, das von Talent und Ruhm geblendet ist.

„Schreiben war bestimmt das beste Heilmittel, um meine Wut ein für alle Mal zu befriedigen und mir dieses Kapitel meines Lebens wieder anzueignen. Viele Menschen haben mir das im Laufe der Jahre schon nahegelegt. Andere hatten im Gegenteil versucht, mich in meinem eigenen Interesse davon abzubringen.“

Das Buch ist auch auf Deutsch in der Übersetzung von Hanna van Laak im Blessing Verlag unter dem Titel Die Einwilligung erschienen und zeigt die Macht eines charismatischen Mannes, der aufgrund der fehlenden Intervention seines Umfeldes seine Neigungen ausleben und zu seinem eigenen Vorteil bis ins kleinste Detail ausschlachten kann. Dennoch reflektiert Springora zumindest ansatzweise aber auch die Beweggründe eines derart manipulativen Verhaltens.

Leyendas negras: Menschenopfer

Die wöchentliche Beilage La Jornada semanal setzt sich in ihrer Ausgabe vom 19. Dezember 2021 erneut mit der Frage der Menschenopfer und dem Kannibalismus bei den Mexicas auseinander. Miguel Ángel Adame Cerón geht dabei in seinem Artikel zunächst auf den Kreuzzug von Andrés Manuel López Obrador (AMLO) ein, den jener gestartet hat, um die indigene Bevölkerung um Vergebung für die Verbrechen zu bitten, die ihnen während der spanischen Invasion und Eroberung vor fünfhundert Jahren angetan wurden. AMLO wandte sich dabei auch mit einer Petition an das spanische Königshaus und die Regierung sowie an Papst Franziskus, sich dazu zu äußern. Er selbst als mexikanisches Staatsoberhaupt hat sich bereits dazu geäußert, mit dem Ziel, das Jahr 2021 zu einem Jahr der „historischen Versöhnung“ zu machen.

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Liz Rátiva: Promesas

Foto: Sin Márgenes

Liz Rátiva (Lizeth Yamile Rátiva Cuevas), eine kolumbianische Psychologin, Schauspielerin und Schriftstellerin, wurde 1990 in Bogotá geboren. Sie ist Mitbegründerin des Literaturprojekts Dato Escondido und Autorin des Buches Rompieron los vidrios, einer Auswahl unveröffentlichter Kurzerzählungen, Finalistin des Nationalen Poesiewettbewerbs Casa de Poesía Silva (2019) und eine der Gewinnerinnen in der Kategorie Kurzerzählungen des Nationalen Schreibwettbewerbs: Kolumbien, Territorio de historias (2020), sowie Autorin der Kurzerzählungen „El Mar“ und „Los Aviones“, die in der Anthologie Mapas para Extraviarse (2019) enthalten sind. Sie hat an Workshops für kreatives Schreiben, Poesie und Literatur teilgenommen, die vom Instituto Distrital de las Artes (IDARTES) und Red Relata organisiert wurden, und arbeitet dezeit als Community Artist im NIDOS-Projekt des Instituto Distrital de las Artes in Bogotá.

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Situation in Lateinamerika wirklich dramatisch – Mario Vargas Llosa

Bild: infobae

Auf einer vom Interamerican Institute for Democracy, einer gemeinnützigen Organisation, und der Fundación Internacional para la Libertad unter dem Vorsitz von Vargas Llosa organisierten Konferenz gab der Literaturnobelpreisträger einen Überblick über einen großen Teil lateinamerikanischer Länder und die schwierige institutionelle Situation, in der sie sich befinden, und betonte: „Der ganze Kontinent ist bedroht“. Er zählte Gefahren auf und verwies vor allem auf Mexiko und dessen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO). „Die Mexikaner haben falsch gewählt, wie es in unseren Ländern schon oft geschehen ist. Und heute erlebt Mexiko einen dramatischen Rückschlag mit einem populistischen und demagogischen Präsidenten, der alle Freiheiten abschafft, die Mexiko dank (Saturnino) Cedillo hatte. Und heute ist Mexiko eines der Länder mit dem größten Rückschritt in Lateinamerika“, sagte der peruanische Schriftsteller vor einem vollen Saal. Mexiko belebe Puebla wieder, das solle nicht vergessen werden. Und Puebla war eine Verschwörung gegen die Demokratie in Lateinamerika, so Vargas Llosa. Dies sei eine sehr realitätsnahe Situation. Der Schriftsteller erinnerte an den jüngsten Besuch des kubanischen Diktators Miguel Díaz-Canel, den AMLO, wie er sagte, wie einen echten Vizekönig empfangen habe.

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EntreRíos – Gewalt in der kolumbianischen Karibik

EntreRíos ist ein Ort der Erinnerung an die Stille, an das Wort und an die Wahrheit, der das Ergebnis einer Reise ist, um die Überlebenden des Konflikts zu treffen, ihnen zuzuhören und ihre Geschichten zu erzählen. Es ist ein intimes und gemeinschaftliches Projekt, das die Erinnerungen und Wahrheiten der Gewalt in der kolumbianischen Karibik untersucht. Das Projekt wurde EntreRíos genannt, weil es im Land der amphibischen Kultur geboren wurde, benannt nach dem Soziologen Orlando Fals Borda aus Barranquilla. Entre ríos (zwischen den Flüssen) sind zwei Wörter, die miteinander verbunden wurden, ohne ihre Unabhängigkeit zu verändern. Dies sollte der ursprüngliche Name des Departements Córdoba sein, eines der acht Departements der kolumbianischen Karibik, ein unermesslicher und unverständlicher Raum.

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