
Georges Perec (1936 – 1982) war einer der bedeutendsten Schriftsteller der französischen Literatur des 20. Jahrhunderts, bekannt als Autor des Raums und des Spielerischen, ein bedingungsloser Liebhaber von Wortspielen und Spielen aller Art. Sein schriftstellerisches Werk umfasst Romane, Theaterstücke, Gedichte, Essays, Sammelbände, Drehbücher, Artikel und illustrierte Bücher, die in Zusammenarbeit mit einigen Malern entstanden sind. Auch versuchte er sich im Bereich Film und Musik. Von 1967 bis zu seinem Tod war er Mitglied der literarischen Gruppe OuLiPo unter der Leitung von Raymond Queneau und François Le Lionnais. Sein Werk basierte auf Experimenten, bestimmten formalen Einschränkungen als Form des Schaffens und dem ausdrücklichen Vorsatz, niemals dieselbe Idee in zwei Büchern zu wiederholen. Er wurde in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt und gilt gemeinhin als Kultautor. OuLiPo, Akronym für „Ouvroir de littérature potentielle”, auf Deutsch „Werkstatt für potenzielle Literatur”, ist eine 1960 gegründete Gruppe für literarische Experimente, die sich hauptsächlich aus französischsprachigen Schriftstellern und Mathematikern zusammensetzt, die Werke unter Verwendung von Techniken des begrenzten Schreibens (Littérature à contraintes) schaffen wollen.
Georges Perec war ein einzigartiger, unklassifizierbarer Autor, der wie kaum ein anderer mit der Sprache spielen und gleichzeitig tiefste Gefühle ansprechen konnte. Sein Werk ist ein Mosaik aus Erinnerungen, Abwesenheiten, Spielen und Strukturen. Perec zu lesen bedeutet, einen Blick in einen Abgrund zu werfen, in dem persönliche Erinnerung und kollektive Geschichte mit beunruhigender Präzision miteinander verwoben sind. In W oder die Erinnerung an die Kindheit schafft Perec ein einzigartiges Werk: zwei parallele Erzählungen, die sich abwechseln und miteinander in Dialog treten und mit jeder Seite neue Bedeutungsebenen offenbaren. Auf der einen Seite eine in seiner Kindheit geschriebene fiktive Geschichte, die auf einer Insel namens „W“ in der Nähe von Feuerland spielt, wo Sport zu einer totalitären Obsession wird. Auf der anderen Seite Fragmente einer Kindheitserinnerung, die von Krieg, Exil und Verlust geprägt ist.