Ein hauntologischer Essay

Bild: Unrast Verlag

Das Ende der Arbeit, die Aufhebung der Familie und die Abschaffung der Zeit treten in diesem Buch von Simon Nagy als verwandte, einander sogar bedingende Begehren auf. Sie alle drehen sich um das Ziel, der künstlichen Produktion von Gegenwart ein Ende zu setzen und vergangene Kämpfe in kollektiv bestimmte Zukünfte zu transformieren.

Es ist 175 Jahre her, dass es erstmals beim Namen genannt wurde: das die Gegenwart heimsuchende, aus der Zukunft flüsternde Gespenst des Kommunismus. In den letzten Jahren tauchen wieder vermehrt solche Gespenster auf, die von radikal anderen Zukünften zu flüstern wissen. Sie erscheinen vor allem in Filmen, Romanen und künstlerischen Arbeiten, sind aber gar nicht so leicht zu erkennen, weil sie sich nicht an althergebrachte Formen des Spuks halten. Es braucht neue Werkzeuge, um sie aufzuspüren, mit ihnen ins Gespräch zu treten und herauszufinden, was sie uns über unsere Zeit, ihre Abschaffung und von möglichen anderen Zeiten berichten können.

Der hauntologische Essay Zeit abschaffen tritt mit Gespenstern der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit in einen solchen Dialog. Er sucht das Gespräch mit ihnen mit dem Ziel, ihr Flüstern nicht wie so oft als Drohung, sondern als Versprechen hörbar zu machen.

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Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje

Bild: Argument Verlag

Über mehr als drei Jahrzehnte hat Bolívar Echeverría (* 1941 in Robamba, Ecuador, † 2010 in Mexiko-Stadt, Mexiko) eine Vielzahl von Essays verfasst. Um einen möglichst umfassenden Einblick in sein Denken zu geben, wurden für den Band Für eine alternative Moderne. Studien zu Krise, Kultur und Mestizaje, Herausgegeben von David Graaff, Javier Sigüenza und Lukas Böckmann zehn Texte ausgewählt, die philosophisch und konzeptuell eng miteinander verschlungen sind, sich aber unter verschiedenen Topoi zusammenfassen lassen. In Ecuador geboren und im Deutschland der 1960er Jahre philosophisch inspiriert, entwickelte ­Echeverría sich zu einem der bedeutendsten zeitgenössischen Philosophen Lateinamerikas und prägte mehrere Intellektuellen-Generationen. Noch heute werden seine Arbeiten nicht nur in der akademischen Welt diskutiert, um sie auf die großen Probleme unserer Zeit anzuwenden und in politisch-emanzipatorischer Praxis konkret umzusetzen.

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FAJ Hohmann: Geliebter Junge

In diesem zweiten Roman von FAJ Hohmann werden die Erlebnisse von Sebastian in der Zeit ab 1950 geschildert: Seine Flucht aus Europa, die Ankunft in Far East und seine Konflikte mit den Behörden seiner alten Heimat. Gleichzeitig schildert er in allen Einzelheiten die Anerkennung, die er in seiner neuen Wahlheimat von allen Seiten bekommt. Seine immerwährende Sehnsucht nach seinem Horan spiegelt sich in der tiefgehenden Reflexion sowohl über sein eigenes Verhalten, als auch über die Reaktion seiner ihm anvertrauten Jungen sowie über seinen Umgang mit ihnen wider. Der immer wieder eingeflochtene Rückgriff auf seinen ersten Roman bildet einen guten Einblick in die Lebensweise und das Verständnis der Denkweise dieses außergewöhnlichen Charismatikers.

Das Buch ist ab sofort als Taschenbuch erhältlich.

Eine Revolution der Liebe

Bild: Ullstein Buchverlage

Emilia Roig dekonstruiert in Das Ende der Ehe eine obsolete Institution, die die Ungleichheit und patriarchale Unterdrückung der Frauen in unserer Gesellschaft produziert und aufrechterhält. Dabei konzentriert sie sich auf die Institution der Ehe in der westlichen Welt, insbesondere Europa und Deutschland, auch wenn die Kritik an der Ehe sicherlich ein Stück weit verallgemeinert werden kann. „Wie der Nationalstaat oder die Grenzen, das Geld oder die Gefängnisse ist die Ehe eine Institution, die im Zuge des europäischen Imperialismus vereinheitlicht wurde und als universell bezeichnet werden kann.“ In allen Kulturkreisen ist die Ehe eine gewaltvolle Institution für Frauen, da die „Quelle der patriarchalen Gewalt, die in allen Religionen stattfindet, […] das globale Patriarchat“ ist.

Da Männer und Frauen in unserer Gesellschaft immer noch nicht gleichgestellt sind, muss nach ihr die Ehe abgeschafft und das Diktat heterosexueller Paarbeziehungen beendet werden, um das Ende des Patriarchats einzuleiten. Ihre machtkritische Analyse der Geschlechterverhältnisse öffnet den Horizont für eine Welt ohne Unterdrückung und zeigt, wie eine Revolution der Liebe gelingen kann.

Die „andere“ [moderne] mexikanische Literatur

Die Kulturgeschichte in Mexiko Mitte des 20. Jahrhunderts ging von einer Ruhephase in eine fast fiebrige Phase über und brachte eine „andere“ [moderne] Literatur hervor, was mit der Entstehung einer neuen literarischen Generation einherging. Salvador Elizondo, Inés Arredondo, Juan Vicente Melo, Sergio Pitol, Vicente Leñero, Julieta Campos, José de la Colina und Juan García Ponce stehen für die Hinwendung der mexikanischen Literatur zu einer Welt der Subjektivität, der inneren Realitäten. Diese neue Generación de la Casa del Lago, deren Wirkungszeitraum zwischen 1956 und 1968 verortet werden kann, sollte in die Periodisierung der mexikanischen Kulturgeschichte als literarische Generation eingehen, da neben dem essayistischen Werk die Prosa der Mitglieder dieser Generation der Höhepunkt der mexikanischen Literatur des letzten Jahrhunderts gewesen ist.

Als theoretischer Hintergrund wird im vorliegenden Buch das Konzept der Generationen nach Julius Petersen mit sieben in Frage kommenden Kriterien angewandt: das gemeinsame Geburtsdatum, eine gemeinsame Erziehung, die Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft, gemeinsam geteilte Erfahrungen, Anführertum, eine gemeinsam geteilte Sprache, sowie die Anerkennung früherer Generationen.

Erinnerungen von Ilse an Colonia Dignidad

Bild: BUXUS Edition

Nur wenigen gelang es, aus der Siedlung deutscher „Colonos“ zu fliehen und die Gräueltaten anzuprangern, wie die Protagonistin dieser Geschichte. Mit einzigartiger Meisterschaft versetzt Emma Sepúlveda den Leser in diese düstere Mikrowelt. Ihre auf wahren Begebenheiten beruhende Erzählung, als Fiktion der Realität und Realität der Fiktion, bewegt und fordert uns in ihrer Beschreibung der individuellen Freiheit und der Stigmatisierung von Geschlechtsmerkmalen heraus.

“Dies sind die Memoiren, die Ilse, meine Adoptivmutter, nach der Verhaftung von Paul Schäfer, dem Gründer der Colonia Dignidad im Süden Chiles, geschrieben hat. Sie schrieb sie auf Deutsch, und ich habe sie ins Spanische übersetzt. Ich habe versucht, die Form ihrer einfachen Worte zu wahren, als kindliche und unschuldige Frau, die in den Jahrzehnten, in denen sie als Gefangene der Sekte in diesem Konzentrationslager lebte, nur vier Jahre Grundschulbildung erteilt bekommen sollte.”

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¡Es reicht! Der Fall Mexiko

Verlag Antje Kunstmann

Seit Jahren liest man über die Schrecken, die der Krieg gegen die Drogen in Mexiko mit sich bringt. Das Massaker an 43 Studenten aus Ayotzinapa, in der Region Guerrero, ist nur eine der letzten Meldungen, die internationale Schlagzeilen gemacht hat – die Eskalation der Gewalt hat Ausmaße angenommen, die schon lange nicht mehr tragbar sind.

Wann und wie fing dieser absurde Krieg gegen die Drogen an? Wer hat ihn begonnen und warum? Wer profitiert dabei? Und welche fatalen Konsequenzen hat er für die mexikanische Gesellschaft? Carmen Boullosa und Mike Wallace zeigen in dieser Streitschrift die deprimierenden historischen und politischen Fakten auf: Bevor der Krieg gegen die sich vermeintlich wild verbreitenden Drogen in Gang gesetzt wurde, war Mexiko eines der Länder Lateinamerikas mit der geringsten Kriminalitäts- und Abhängigkeitsrate – heute gilt es als eins der Länder, welche die größten Probleme mit der komplexen Verflechtung von Drogen, Kriminalität und Gewalt haben. Dabei muss unterschieden werden zwischen Drogenkriminalität und dem organisierten Verbrechen.

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Ana Emilia Felker: Pantano

Pantano ist ein essayistischer Roman, in dem Ana Emilia Felker anhand von Chroniken und persönlichen Tagebüchern über Migration, Rassismus und Identität nachdenkt. Die mexikanische Autorin lebt zum dritten Mal in den Vereinigten Staaten von Amerika – dieses Mal, um zu promovieren – und versucht, das Land jenseits ihrer eigenen Vorurteile zu verstehen, denn es ist nicht nur die Nation des Kapitalismus und des Krieges, des Geldes und der Schulden, sondern auch das Herkunfts- und Aufenthaltsland der Hälfte ihrer eigenen Familie. Indem sie über Autobahnen reist und über das Schreiben sinniert, fragt sie sich inmitten der Gewalt, welche die Grenzen jenseits des Rio Bravo vervielfacht, was der amerikanische Traum ist, was es ausmacht, weiß zu sein, wie man über die massenhaften Schießereien sprechen kann, ohne den Diskurs des Hasses zu reproduzieren, während sie ihrem Großvater hilft, seine Geschichten zu ordnen, und versucht, die Beziehung zu ihrem Vater wiederherzustellen – zu einer Zeit, in der das Leben in den amerikanischen Vorstädten seine jugendlichen Überzeugungen zu begraben und die Gesundheit seines Gedächtnisses zu schmälern scheint.

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Isabel Allende: Das Siegel der Tage

Bild: Suhrkamp Verlag

Mit Wärme, Humor und ihrem handfesten Sinn dafür, wie sich dem Leben in all seinen Formen begegnen lässt, erzählt Isabel Allende in Das Siegel der Tage (span. La suma de los días) von den schwierigen Zeiten nach dem Verlust ihrer Tochter Paula und von den erfüllten Tagen im Zentrum einer überaus farbigen Großfamilie. »Hör mir zu, Paula, ich werde dir eine Geschichte erzählen«, so begann Isabel Allendes bislang persönlichstes Buch, ihr Lebensroman Paula. Der geliebten, viel zu früh gestorbenen Tochter erzählt die Autorin nun im Geiste davon, was sich danach in ihrem Leben ereignet hat und wie ihr offenes Haus in Kalifornien mit den Jahren zum Mittelpunkt nicht nur ihrer eigenen Familie, sondern eines ganzen Clans aus angeheirateten Verwandten, neuen und alten Freunden wurde: eine Familie wie aus einem Roman. »Ich will dir erzählen, was aus uns geworden ist, nachdem du fort warst.« Mit diesen Worten richtet sich Isabel Allende in Das Siegel der Tage an ihre verstorbene Tochter Paula. Heitere, traurige, oft unglaubliche und doch immer tröstliche Geschichten, die sich nach dem schmerzhaften Verlust ihrer Tochter im Kreise des Allende-Clans zugetragen haben.

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Frida Kahlo und die Farben des Lebens

Bild: Aufbau Taschenbuch

Mexiko, 1925: Die siebzehnjährige Frida Kahlo will Ärztin werden, aber ein schrecklicher Busunfall macht diesen Traum zunichte. Dann begegnet sie Diego Rivera, dem Malergenie und Frauenhelden, und verliebt sich Hals über Kopft in ihn. Als er um ihre Hand bittet, sagt Frida sofort Ja. Mit ihm taucht sie in die Welt der Kunst ein, er ermutigt sie in ihrem Schaffen – und er betrügt sie. Frida ist tief verletzt. Diego kann nicht treu sein, außerdem scheint sich Fridas sehnlicher Wunsch nach einem Kind nicht zu erfüllen. Trotz aller Widerstände hält Frida an ihrem Ideal einer grenzenlosen Liebe und an ihrem selbstbestimmten Leben fest. Im Wissen, dass Glück nur geborgt ist, stürzt sie sich ins Leben. Sie entdeckt die Malerei für sich und erzählt in ihren Bildern ihre Träume. Die Pariser Surrealisten liegen ihr genauso zu Füßen wie Pablo Picasso und Leon Trotzki. Frida geht ihren eigenen Weg, ob sie mit ihren Bildern Erfolge feiert oder einen Schicksalsschlag hinnehmen muss – doch dann wird sie vor eine Entscheidung gestellt, bei der sie alles hinterfragen muss, woran sie bisher geglaubt hat. Mit ihrer Gradlinigkeit, ihrer bunten Kleidung und dem Maya-Schmuck schafft sie eine Aura und wird zu einer der berühmtesten Malerinnen unserer Zeit.

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