
Memorias en altavoz: relato coral de una historia viva (dt. etwa: Lautstarke Erinnerungen. Berichte über eine lebendige Geschichte) ist das Ergebnis des 2005 ins Leben gerufenen Projekts „Söhne und Töchter der Erinnerung“ unter der Leitung von Adriana Goñi Godoy und Natalia Montealegre Iturra, Anthropologinnen und Herausgeberinnen dieses Buches. Es sind 57 Stimmen, und in einem polyphonen Rahmen, wie es im Buch selbst heißt, vervielfachen sich diese 57 Stimmen ins Unendliche. Besonders die Stimmen der Kinder, die durch die Erzählungen der Erwachsenen von heute zu Wort kommen, sind sehr beachtenswert. Alle sind sie Opfer dessen, was der Psychoanalytiker Bruno Bettelheim als extreme Traumatisierung bezeichnete und was wir heute als komplexes Entwicklungstrauma kennen. Hier gibt es keine größeren oder kleineren Höllen, es sind alles einzigartige Höllen, die nicht quantifiziert, sondern nur qualifiziert werden können.
Die Zeugnisse beleben eine chorale Erzählung, die Generationen, Empfindungen, Erfahrungen, Zeiten und Orte einer Erinnerung miteinander verknüpft, die sich weigert, zu vergessen, das Kapitel abzuschließen, in die Zukunft zu blicken, ohne Spuren, ohne Vergangenheit, ohne Genealogie. Trotz des Schmerzes und der Zerrissenheit, trotz der Verluste ist es unmöglich zu vergessen, denn alle, die vor uns da waren, gehen weiter mit uns, diejenigen, die nicht mehr da sind, und diejenigen, die überlebt haben, erinnern uns weiterhin daran, dass ihr Leben nicht umsonst war, dass die Liebe, mit der sie sich dem Leben und dem Aufbau einer würdigen Gegenwart und Zukunft für alle verschrieben haben, weiterhin da ist und sich als notwendiger Horizont der Menschheit erhebt, den es zu erreichen gilt. Diese Geschichten verbinden uns, nehmen uns auf und stärken uns.
„Chile, das Land, das in der Vergangenheit das Vergessen als wichtigstes Mittel zur Sicherung des sozialen Friedens und der politischen Stabilität einsetzte, steht heute vor der Herausforderung, die Erinnerung zu bewahren und seine Stabilität in der Demokratie und der Anerkennung aller Opfer zu festigen, indem es versucht, die Wunden zu heilen und die stigmatisierte Vergangenheit zu befreien sowie das soziale und politische Zusammenleben auf der Grundlage von Wahrheit, Gerechtigkeit und Erinnerung wiederaufzubauen“ (Elisabeth Lira).