Tod und Auferstehung von Editorial Praxis

August 2015 war der Monat, in dem die Tragödie ihren Höhepunkt erreichte, die für die mexikanische Kultur die Zerstörung des Verlages Editorial Praxis bedeutete – bis heute ungesühnt -, der sich mehr als drei Jahrzehnte lang im Stadtteil Doctores von Mexico City befand. Denn in diesem schicksalhaften August 2015 begann die Immobiliengesellschaft Abec mit der Zerstörung des Gebäudes, in dem der Verlag und die Wohnung ihres Eigentümers untergebracht waren, um dort ein Mehrfamilienhaus zu bauen.

Nachdem Carlos López sich rechtlich abgesichtert hatte, so dass die Baufirma ihre Tätigkeit einstellen musste und die sechs Wohnungen, die er in dem Gebäude vermietete, nicht einreißen konnte, korrumpierte die Baufirma – wie es in zahlreichen mexikanischen Publikationen verzeichnet ist – die Behörden der Delegación Cuauhtémoc und der Zentralregierung von Mexiko-Stadt, welche Abec ermächtigte, das Gebäude zusammen mit den Maschinen, den Designwerkzeugen, den Computern, den Lagern voller Papier und Bücher sowie das Haus ihres Eigentümers und Direktors abzureißen.

Damals wurde in schriftlichen und audiovisuellen Medien weithin angeprangert, dass die Baufirma Abec Carlos López einen lächerlichen Geldbetrag zum Verlassen des Gebäudes anbot, wie es bei den anderen Mietern in der Nachbarschaft der Fall war, die unter dem Druck der Anwälte zustimmten. Carlos López nutzte die legalen Mittel und wurde geschützt, da er nicht damit einverstanden war, sein Haus zu evakuieren. Und dann, während er schlief, begann die Zerstörung desselben. Am nächsten Tag, ohne sein Haus verlassen und noch weniger essen zu können, weil er durch die Siegel, die sein Haus verschlossen, daran gehindert wurde, wurde Carlos vom mexikanischen Fernsehen interviewt, und dort verurteilte er offen die Situation. Nachdem er die Siegel gebrochen und bezeugt hatte, dass Tausende seiner Bücher in Lastwagen gestapelt und mit unbekanntem Ziel verschwunden waren, wurde er von den Behörden festgenommen und inhaftiert. Nach seiner Freilassung setzte er von außerhalb des Hauses, in dem sich vorher der Verlag Editorial Praxis befand, seinen Kampf für die Rückgabe der von Abec gestohlenen Waren im Wert von mehreren Millionen Pesos fort.

Carlos López war monatelang schwer krank und der Verlag Editorial Praxis verschwand fast von der Bildfläche. Allerdings hörte er nie auf, seinen jährlichen Poesiepreis zu vergeben und seine Bücher zu veröffentlichen. Der rebellische Geist seines Eigentümers und Direktors sowie die Zuneigung einer Handvoll Freunde ließen Carlos López und den Verlag Editorial Praxis in der Chamizal Street, Cuernavaca, wieder erblühen, von wo aus ihre redaktionelle Produktion heute wie damals entwickelt wird. Dank der Hartnäckigkeit ihres Direktor hat die mexikanische Kultur diesen sehr wichtigen Verlag wieder, und auch der Rechtsfall wurde im kollektiven Gedächtnis festgehalten, ebenso wie die Schulden, die Abec bei ihm für die gestohlenen Waren und die zugefügten Schäden hat. Trotzdem bewegt sich der Verlag Editorial Praxis, und der Fall ist nicht tot: Der Kampf von Carlos López geht weiter.

Quelle: La Jornada Semanal