Seinen zweiten großen Roman Lehrjahre des Herzens (fr. L’ Éducation sentimentale), die „Geschichte eines jungen Mannes“, hielt Gustave Flaubert selbst für sein bestes Werk. Der Pariser Student Frédéric Moreau verliebt sich in die Frau des Kunsthändlers Arnoux. Nach einem erzwungenen kurzen Aufenthalt in seiner Heimat und einer unverhofften Erbschaft stürzt er sich lebenshungrig erneut in das politisch brodelnde Paris der 1840er Jahre und knüpft, nachdem Frau Arnoux ihn abgewiesen hat, verschiedene Liebesbeziehungen, scheitert hier aber ebenso wie bei ehrgeizigen politischen Ambitionen. Als Frau Arnoux ihm nach vielen Jahren in der Bretagne erneut begegnet, versäumt er die Chance der Erfüllung seiner Liebe.
Flaubert gestaltet in diesem Roman, dessen Hauptfigur autobiographische Züge trägt, das Leben eines für seine Generation typischen jungen Mannes, der, in der Napoleonischen Ära geboren, nach dem sozialen und politischen Umbruch der vierziger und fünfziger Jahre seinen Standort sucht. Den Autor interessiert nicht nur das private Geschehen, der Prozess einer Desillusionierung, der nur den Bodensatz bitterer Erinnerungen übrig lässt, sondern das Klima der historisch-politischen Szenerie. Die bis ins Detail genau Schilderung des gesellschaftlichen Zustands schockierte viele seiner Zeitgenossen im gleichen Maß, wie sie heute die Bewunderung der Leser findet. Eine neue Übersetzung erschien 2020 im Hanser Verlag unter dem Titel Lehrjahre der Männlichkeit.