Himmel und Hölle

Jorge Luis Borges (* 1899 Buenos Aires, † 1986 Genf) und Adolfo Bioy Casares (* 1914 Buenos Aires, † 1999 Buenos Aires) haben 1959 gemeinsam eine Anthologie mit dem Titel El libro del cielo y del infierno (dt. Das Buch von Himmel und Hölle) herausgegeben. In dem kurzen Prolog, der das Buch einleitet, schreiben beide Autoren, dass sie „das Wesentliche gesucht“ haben, „ohne das Lebendige, das Traumhafte und das Paradoxe zu vernachlässigen“ – in der Hoffnung, dass diese Anthologie einen Einblick in die tausendjährige Entwicklung der Konzepte von Himmel und Hölle geben wird, angefangen bei Swedenborg mit seinen „Seelenzuständen“, von denen aus nicht mehr an Lohn- und Strafanstalt“ gedacht wird. Dies verleitet zu der Annahme, dass die Auswahl vielleicht keinen Einblick in die jahrtausendealte Entwicklung dieser Konzepte erlaubt, nicht nur, weil dies nicht ihr Ziel zu sein scheint und weil eine Anthologie wie diese notwendigerweise unvollkommen sein muss, sondern vor allem wegen der Form und des Sinns, in dem sie konzipiert ist. Abgesehen von der Tatsache, dass Borges sich selbst als Agnostiker oder Atheist bezeichnete und Bioy Casares dies ebenfalls eingestand, erfolgte das fragmentarische und willkürliche Zitieren heiliger und kanonischer Bücher nicht mit einem gelehrten historistischen, theologischen oder pädagogischen Eifer, sondern lediglich literarisch, als Beispiele für Manifestationen oder Formen fantastischer Literatur, die nach Geschmack und Laune ausgewählt und nicht weniger kapriziös, spielerisch und fragmentarisch präsentiert wurden.

In der Editorischen Notiz der Übersetzung von Maria Bamberg und Gisbert Haefs (2. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag: Dezember 2005) ist zu lesen, dass das Ziel dieser Neuauflage (die deutsche Fassung erschien bereits 1983 in der Edition Weitbrecht, Stuttgart) insgesamt war, „diese deutsche Fassung so nah wie möglich an die Originalversion zu bringen“. So wurden für die ursprüngliche Fassung der Übersetzung „aus den entsprechenden deutschen Fassungen der jeweiligen Bücher“ etliche Texte herausgesucht, die teilweise stark von der spanischen Ausgabe abwichen. Mit dem in der Edition von 2005 verfolgten Ziel entstand somit eine Übersetzung der Anthologie, in der Texte, von Borges und Bioy Casares ins Spanische übersetzt, in die deutsche Sprache rückübersetzt wurden, „um eine Vereinheitlichung und Anpassung an die Editionsprinzipien dieser Ausgabe“ zu erreichen. Den Sinn einer Übersetzung ins Deutsche einer Anthologie, die verschiedenste Texte aus aller Welt beinhaltet, mag sich jeder selber erschließen.