Roland Barthes von Ottmar Ette

Die Barthes’sche Definition der Literatur als permanente Kraft einer Revolution des Sprechens (und Hörens) ist tief eingesenkt in ein Dreieck, das […] von der Last (der mit der Sprache verbundenen Zwänge), der List (der in ihr möglichen Sprachspiele) und der Lust (einer daraus zu entwickelnden erotisierenden Ästhetik) gebildet wird. Barthes selbst unterscheidet im Anschluss an Essays der 1970er Jahre, aber auch an Roland Barthes von Roland Barthes darüber hinaus drei Kräfte der Literatur, die er als Mathesis, Mimesis und Semiosis bezeichnet: eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Wissensbereichen, die aber sogleich wieder relativiert, ja unterlaufen wird, sei eine »Dekonstruktion der Linguistik« – so der frischgebackene Inhaber des für ihn erfundenen Lehrstuhls für literarische Semiologie – doch fortan vordringlich […]. […]

In der wechselseitigen Bezüglichkeit von List, Last und Lust ergibt sich in der Folge aber noch ein anderes Dreieck, das man vielleicht am besten mit den Begriffen Lesen, Leben und Lieben bezeichnen könnte. Es geht um jenes magische Dreieck, das Barthes‘ Fragmente eines Diskurses der Liebe in insgesamt achtzig überlegt aufeinander abgestimmten Figuren ausspannen.

Quelle: Ette, Ottmar: Roland Barthes. Junius Verlag, 2011. S. 141-142.