Die Debatte um den Begriff der Weltliteratur begleitet den Prozess der Rekonfiguration des globalen Designs vom Fall der Berliner Mauer bis zum Abbau der bipolaren Ordnung. Seitdem befinden sich nationale Literaturen und sogar regionale Konstrukte in der Krise. Unterschiedliche und auch sich ergänzende theoretische Formeln zielen darauf ab, lateinamerikanische Literaturen wieder in globalen Dynamik einzuordnen und damit die als obsolet entlarvten Rahmenbedingungen zu überwinden.
In der Diskussion mit idealistischen und normativen Postulaten schlägt De la literatura latinoamericana a la literatura (latinoamericana) mundial eine Untersuchung der materiellen Bedingungen, Akteure und Prozesse vor, die es heute ermöglichen – oder verhindern -, dass lateinamerikanische Literatur in den internationalen Umlauf gelangt und sich zu einer Weltliteratur entwickelt. Parallel dazu, und unter der Prämisse, dass Vermittlungsinstanzen „Spuren“ hinterlassen, löst die Studie sich von der Literatursoziologie, also derjenigen Wissenschaft von den gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen der Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur, um eher textuelle Konfigurationen genau zu untersuchen. Vielmehr versucht diese Studie als Reaktion auf die Betonung der Verbreitung bestimmter hegemonialer Modelle, Ausdrücken, die in lokalen Domänen eingeschrieben bleiben, Sichtbarkeit zu verleihen und damit dieser Literatur einen Wert in der Welt zuzuschreiben.
Das Buch von Jorge J. Locane, gefördert duch den European Research Council (ERC), ist ab Februar 2019 bei DeGruyter in der Reihe Latin American Literatures in the World / Literaturas Latinoamericanas en el Mundo erhältlich.