Wirtschaftsminister Gabriel ließ in einem Gespräch mit der Rheinischen Post verlauten, er sähe die Möglichkeit, “Programmiersprachen als zweite Fremdsprache in Schulen anzubieten”. Damit soll das Hinterherhinken Deutschlands in der Digitalisierung aufgeholt werden. Auf selbiges Ziel hatte Gabriel auch schon in seiner Rede auf dem Parteikonvent der SPD hingewiesen:
„Technische und digitale Kompetenzen gehören ganz oben auf den Lehrplan. Vernetzte Bildungsangebote, Programmiersprache als Schulfach – alle diese Aspekte gilt es zu diskutieren.“
Das Thema soll auch auf dem Nationalen IT-Gipfel zu “Arbeiten und Leben im digitalen Wandel” weitergeführt werden, der in gewohnter Weise mit primärer Wirtschafts- denn Gesellschaftspräsenz stattfindet.
Starke Wirtschaftspräsenz dürfte dem Ziel Gabriels, Anreize zur besseren Schulung und Förderung von Programmierkenntnissen zu schaffen, nicht entgegenstehen. Die Wirtschaft leidet stark unter dem Mangel an IT-Kräften, der nicht zuletzt der Unausgegorenheit des Informatikunterrichts an deutschen Schulen zuzuschreiben ist. Einheitliche Lehrpläne gibt es kaum, in den meisten Bundesländern ist Informatikunterricht fakultativ und in Hamburg wurde vormals verpflichtender Informatikunterricht sogar wieder abgeschafft.
Der Präsident der Gesellschaft für Informatik kommentierte gegenüber golem.de:
„Aufgrund unnötig langwieriger Diskussionen um Stundentafeln in den Ländern und aus Ignoranz bezüglich der Bedeutung und Zukunftsrelevanz informatischer Bildung auch im Primär- und Sekundärbereich wird am IT-Standort Deutschland der Anschluss verpasst. Wir müssen aufwachen und die Informatik als wichtiges Bildungsgut für Kinder und Jugendliche endlich wirklich fördern.“
Ein alleiniger Fokus auf technischen Fertigkeiten, wie er für die Wirtschaft relevant ist, vernachlässigt aber in schmerzlicher Weise die Vermittlung allgemeiner Medienkompetenz im Rahmen informatischer Grundbildung. Und die umfasst eben mehr als das Programmieren. Sie muss heute auch miteinschließen, verantwortlich mit den Möglichkeiten umzugehen, die uns Computer und Internet eröffnen. Dazu zählt eine Aufklärung über die Konsequenzen von Urheberrechtsgesetzen genauso wie die über die Folgen sozialer Medien für die eigene Privatsphäre.
Quelle: Netzpolitik.org