Zum Tod von Maria Bamberg

Am 4. Juni 2016 ist die Übersetzerin und Autorin Maria Bamberg im Alter von 100 Jahren in Berlin verstorben – in derselben Stadt, in der sie am 10. Dezember 1915 als Maria Brunswig geboren wurde.
Wer das Glück hatte, Maria Bamberg kennenzulernen, der begegnete einer warmherzigen, sympathischen und zugleich starken, selbstbewussten Frau. Diese Wesenszüge dürften in hohem Maße auch von ihrer Lebensgeschichte geprägt worden sein. Bereits im Alter von sieben Jahren folgte sie mit ihrer Mutter und ihren zwei jüngeren Zwillingsschwestern dem Vater nach Argentinien, in den Süden Patagoniens, wo dieser, um der Arbeitslosigkeit in Deutschland zu entgehen, die Verwaltung einer großen Schaffarm übernommen hatte. Nicht nur in dem im Wortsinn rauen Klima galt es sich zu behaupten, sondern auch hinsichtlich des familiären Zusammenlebens in einer abgelegenen und einsamen Gegend.

Jahre später, nachdem die Familie Brunswig sich im nördlichen Patagonien und danach in der Provinz Córdoba niedergelassen hatte, heiratete Maria den Berliner Emigranten jüdischer Herkunft, Paul Hans Bamberg. Angesichts der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation Argentiniens kehrte das Ehepaar Anfang der 1960er Jahre mit seinen vier Kindern nach Deutschland zurück, nach Berlin, wo Paul Hans Bamberg eine Arztpraxis eröffnete.
Maria Bambergs Tätigkeit als Übersetzerin aus dem Spanischen begann etwa Mitte der 1960er Jahre, als sie durch eigene Initiative einen ersten Übersetzungsauftrag erhielt. Viele weitere Übersetzungen folgten, nicht nur Werke ihres „Hauptautors“ Carlos Fuentes, sondern auch die anderer lateinamerikanischer Schriftsteller. Hinzu kamen über mehrere Jahre hinweg Lehraufträge am Lateinamerika – Institut der FU Berlin sowie Moderationen und Gespräche bei Lesungen und Buchvorstellungen. Maria Bamberg erwarb sich dadurch einen bleibenden Ruf als Übersetzerin aus dem Spanischen, und so war es nur folgerichtig, dass sie als Autorin eigener Bücher ebenfalls bekannt wurde:
Zuerst mit der Geschichte ihrer Eltern und der Familie Brunswig: Ella und der Gringo mit den großen Füßen. Eine deutsche Familiengeschichte in Patagonien. Dieses Buch wurde in der spanischen Übersetzung unter dem Titel Allá en la Patagonia in Argentinien ein veritabler Bestseller, der mehrere Auflagen und Ausgaben erlebte. Später folgte Maria Bambergs zweites Buch: Zwischen Argentinien und Deutschland. Erinnerungen in zwei Welten, in dem sie nun ihre Geschichte und die ihrer Familie, der Familie Bamberg, erzählt. Auch dieses Buch ist ins Spanische übersetzt worden und in Argentinien unter dem Titel Memoria de dos mundos erschienen.
Mit Maria Bamberg verlieren wir eine bedeutende Übersetzerin und Kulturvermittlerin zwischen Lateinamerika und Deutschland, eine Autorin, die mit ihren Büchern die Rolle einer Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts übernommen hat, und eine Persönlichkeit, die – wie das Beispiel ihrer Hilfe für die chilenischen Flüchtlinge nach 1973 zeigte – stets für ihre Mitmenschen da war und sich für diese einsetzte.
Maria Bamberg wurde mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Quelle: edition tranvía