Hispanoamerika wird im Spanisch-Unterricht stark vernachlässigt

Was schon vor Jahren bei einer Morphosyntax-Klausur am Institut für Romanistik der Ruhr-Universität Bochum für Unverständnis gesorgt hat, wird durch die von Univ.-Prof. Dr Elissa Pustka und die Univ.-Ass. Linda Bäumler an der Universität Wien gerade durchgeführte Umfrage unter 264 Studienanfängern bestätigt: Wer in der Klausur das Wort „Kühlschrank“ mit „refrigerador“ (sp. aus Mexiko) übersetzt hat, bekam einen Fehler angestrichen, da die angeblich korrekte Antwort „frigorífico“ (sp. aus Spanien) lautete.

Die aktuelle Umfrage belegt, dass sich der Spanischunterricht in Österreich und Deutschland nach wie vor vorwiegend auf Spanien konzentriert, obwohl Spanisch als sogenannte plurizentrische Sprache mit vielfältigen Normen betrachtet wird und die Lehrpläne eigentlich die Berücksichtigung von Sprachvariation einfordern. Dieser auf Spanien konzentrierte Input zeigt sich ebenso deutlich in der Fähigkeit der Studienanfänger, regionale Unterschiede in der gehörten Sprache zu erkennen: Ein im Rahmen der Umfrage durchgeführter Perzeptionstest zeigt, dass der Madrider Akzent am besten identifiziert wird, wogegen nur 26 Prozent der Befragten den Akzent von Mexiko kennen – des immerhin mit Abstand größten spanischsprechenden Landes der Welt, mit mehr als einem Viertel aller Sprecher weltweit (ca. 113 von 442 Millionen). Der Großteil der Befragten gab im Gegensatz dazu an, im Laufe ihres Spanischstudiums vor allem die hispanoamerikanischen Varietäten kennenlernen zu wollen, allen voran Mexiko, gefolgt von Argentinien und Peru. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen ganz deutlich, dass Schüler so früh und so viel wie möglich mit authentischen Materialien der spanischen Sprache aus aller Welt in Kontakt kommen sollten. Auch im Universitätsstudium sollte auf einen angemessenen Anteil hispanoamerikanischer Lehrender und Themen gesetzt und der immer noch latente Eurozentrismus endlich abgebaut werden.