Nach der Veröffentlichung des Buches „Moi les hommes, je les déteste“ (in Deutschland unter dem Titel „Ich hasse Männer“ bei Rowohlt erschienen), einem Essay von Pauline Harmange über Misandrie, und welcher mehr ist als die bloße Aufforderung, alle Männer zu hassen, entbrannte letztes Jahr eine hitzige Debatte, vor allem in Frankreich (unter anderem hat auch die taz darüber berichtet). Der Duden deutet Misandrie als „krankhafter Hass von Frauen gegenüber Männern“, auch wenn Alice E. Marwick und Robyn Caplan in Drinking male tears: language, the manosphere, and networked harassment (erschienen in: „Feminist Media Studies“. Band 18, Nr. 4. S. 553, 2018) die misandry als eine Abneigung gegen Männer oder eine Verachtung für Männer bzw. eine Reihe tief verwurzelter Vorurteile gegenüber Männern bezeichnen. Der Titel solle als Aufforderung, Männer zu hassen, verstanden werden und sei der Autorin durchaus ernst: „Erst das völlige Ignorieren von Männern, deren Ansprache auch immer etwas Belehrendes […] habe, deren Versuche, charmant zu sein, herablassend wirken, könnte die Gesellschaft endlich verändern“, so die taz.
Jetzt ist das Buch auch auf Spanisch unter dem Titel „Hombres, los odio“ erschienen, herausgegeben von Editorial Paidós in Chile.
In der deutschen Ausgabe bei Rowohlt liest sich die Ankündigung zu dem Buch so: „Pauline Harmange hasst Männer – und zwar alle bis auf ihren Ehemann. In ihrem kurzen, pointierten Essay appelliert sie offenherzig, provokativ und nicht ohne Witz an alle Frauen, sich nicht mehr darum zu scheren, was sie in einer männerdominierten Umwelt vorfinden. Dabei ist ihr Buch keineswegs ein Aufruf zur Gewalt, sondern eine Aufforderung zum Umdenken: Frauen sollten das Recht haben, Männern misstrauisch zu begegnen. Denn dieser Perspektivwechsel kann ein emanzipatorischer und freudvoller Umgang mit einer Welt sein, die noch immer von Ungleichheiten in den Geschlechterbeziehungen geprägt ist, eine Möglichkeit der Befreiung in ein selbstbestimmteres Leben, in dem mehr Raum für weibliche Solidarität und mehr Verschwesterung sein sollte.“
Editorial Paidós hingegen kündigt das Buch folgendermaßen an: „Frauen, insbesondere Feministinnen, wurde lange Zeit vorgeworfen, Männer zu hassen. Der Instinkt sagt ihnen natürlich, es um jeden Preis zu leugnen; schließlich wurden viele Frauen für weniger zum Scheiterhaufen verurteilt. Was aber, wenn das Misstrauen gegenüber Männern, die Abneigung gegen sie – und ja, vielleicht sogar der Hass auf sie – tatsächlich eine gute Antwort auf machismo ist? Was, wenn diese Antwort einen Ausweg aus der Unterdrückung bietet und zu einer Form des Widerstands wird? Was, wenn sie sogar den Weg zu Wohlbefinden [Wohlstand?], Solidarität und Schwesternschaft ebnet? In diesem Essay, der ebenso ikonoklastisch [durch Zerstörung von Bildern als Ausdruck der Bildfeindlichkeit oder Bilderfurcht (Ikonophobie)] und provokativ wie eindringlich und rigoros ist, stellt Pauline Harmange die zeitgenössischen Einstellungen zum Feminismus in Frage und erhebt sich als Sprecherin eines Schlachtrufs für Frauen, eine wertvollere Liebe untereinander und für sich selbst zu finden.“
Schon an diesen zwei unterschiedlichen Ankündigungen läßt sich ein kultureller Hintergrund des Zielpublikums erkennen: In Deutschland ist es eine Aufforderung zum Umdenken, um einer weiblichen Solidarität mehr Raum zu bieten, in Chile wird die Einstellung zum Feminismus in Frage gestellt und der Schlachtruf an Frauen ausgegeben, sich und seinesgleichen mehr zu lieben. Bleibt also dem Leser nur, den Essay von Pauline Harmange in die Hand zu nehmen und sich selbst ein Urteil zu bilden.