Nachrichten aus „Abya Yala“?

Mehrfach habe ich bereits über die Lateinamerika Nachrichten berichtet, so zum Beispiel über die neue Abokampagne oder über die Februar-Ausgabe 2019 und die Juni-Ausgabe 2019. Manchmal waren darin auch gute Artikel zu finde, wie zum Beispiel über die Waldbrände in Amazonien. Dass es sich um eine links-progressive Zeitschrift handelt, die als Redaktionskollektiv seit fast 50 Jahren an emanzipatorische Kämpfe hier in Deutschland und in Lateinamerika anknüpft und sich bemüht, eine differenzierte, kritische und solidarische Berichterstattung vor allem hinsichtlich (neo-)kolonialer Machtverhältnisse zu liefern, war mir dabei schon immer bewusst. Seit der Gründung haben dekoloniale Themen einen festen Platz und der Umgang mit ihnen wie auch das Selbstverständnis entwickeln sich in der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit emanzipatorischen Kämpfen. Nach dem Beginn als Chile Nachrichten aus Solidarität mit dem sozialistischen Präsidenten Salvador Allende kurz vor dem Putsch 1973 gegen ihn, erweiterte sich der Fokus der Zeitschrift auf die benachbarten Militärdiktaturen der 1970er Jahre, weshalb sie das damals wie heute gebräuchliche Wort „Lateinamerika“ in den Namen mit aufnahmen.

In einem Blogbeitrag der taz stellt die Redaktion der Lateinamerika Nachrichten jetzt klar, dass das Wort „Lateinamerika“ eine koloniale Bezeichnung ist und ausländische Namen für Dörfer, Städte und Kontinente anzuerkennen, gleichbedeutend mit der Unterwerfung der indigenen Identität unter den Willen der Invasoren und ihrer Erben sei. So zumindest argumentiert Takir Mamani, ein Aymara und Intellektueller aus Bolivien, weshalb sich die Redaktion fragt, warum also im Namen noch eine Fremdbezeichnung führen, die von Invasoren stammt, „welche sich im Namen von Kirche und Krone gewaltsam das Land angeeignet sowie Indigene degradiert und vielfach versklavt haben“. Takir Mamani (Constantino Lima Chávez, * 1933) schlug schon in den 1980er Jahren vor, dass alle Indigenen Amerikas ihren Kontinent „Abya Yala“ nennen sollten, nachdem er die Bezeichnung bei den in Panama und Kolumbien lebenden Guna (ehemals auch tules, kuna o cuna genannt) kennengelernt hatte. „Abya Yala“ bedeutet wörtlich „Land in voller Reife“ oder „Gerettetes Land“ und wird inzwischen von vielen Indigenen sowie bekannten indigenen Dachverbänden „anstelle des eurozentristischen Begriffs „Amerika“ verwendet und bezeichnet somit den gesamten Kontinent“.

Daher wird die Redaktion in Zukunft ebenfalls stärker den Begriff „Abya Yala“ sowie generell die Selbstbezeichnungen indigener Gemeinschaften für ihre jeweiligen Territorien verwenden, wenn zu entsprechenden Themen berichtet wird. Als Redaktion ist ihnen allerdings auch klar, dass die Verwendung indigener Selbstbezeichnungen dennoch nur ein kleiner Schritt in der Auseinandersetzung mit dekolonialen Debatten sein kann. Nicht klar geworden ist allerdings, dass sich Takir Mamani zur Führung des Namens nach der Primera Conferencia Internacional de Pueblos Indígenas (Oktober 1975 in British Columbia) an die Indigenen Lateinamerikas gewandt hat. Auch ist der Begriff nicht unumstritten, und viele kritisieren, dass er nicht zutreffend ist und nicht die wahre Realität des heutigen Amerikas widerspiegelt, das mestizisch und multikulturell ist und nicht nur aus Ureinwohnern besteht.