Roland Barthes von Ottmar Ette

Die Barthes’sche Definition der Literatur als permanente Kraft einer Revolution des Sprechens (und Hörens) ist tief eingesenkt in ein Dreieck, das […] von der Last (der mit der Sprache verbundenen Zwänge), der List (der in ihr möglichen Sprachspiele) und der Lust (einer daraus zu entwickelnden erotisierenden Ästhetik) gebildet wird. Barthes selbst unterscheidet im Anschluss an Essays der 1970er Jahre, aber auch an Roland Barthes von Roland Barthes darüber hinaus drei Kräfte der Literatur, die er als Mathesis, Mimesis und Semiosis bezeichnet: eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Wissensbereichen, die aber sogleich wieder relativiert, ja unterlaufen wird, sei eine »Dekonstruktion der Linguistik« – so der frischgebackene Inhaber des für ihn erfundenen Lehrstuhls für literarische Semiologie – doch fortan vordringlich […]. […]

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FAJ Hohmann: Geliebter Knabe

Der Roman schildert die Erlebnisse von Johannes in der Zeit zwischen 1939 und 1945. Die Besonderheit dieser Erlebnisse liegt vor allem darin, dass Johannes als Homosexueller denunziert und während des Krieges die volle Wucht des Staatsapparates zu spüren bekommt. Er schildert in allen Einzelheiten sowohl die Jahre des Kennenlernens seines Geliebten, ein 16-jähriger Arbeiterjunge, als auch seine Verhaftung, Verurteilung und die Aufenthalte in den verschiedenen Haftanstalten. Nach seiner Entlassung erlebt er den letzten Kriegswinter an der Front in der Nähe der holländischen Grenze. Neben Plünderungen und Beschuss mit Granaten durch den Feind, zeigt sich aber auch sein Mut als Melder, bis er verwundet und ins Feldlazarett eingeliefert wird.
Die Liebe zu seinem ersten Geliebten spinnt sich wie ein roter Faden durch den ganzen Roman, und es ist gerade diese Mischung aus persönlichem Schicksal durch seine Homosexualität und die Zeit des Geschehens, die diesen Roman so interessant und lesenswert macht.

Das Buch ist ab sofort als Taschenbuch und demnächst auch als eBook erhältlich.

Hannah Hohmann: Mein Vater war anders

Wie wächst man als Kind ohne Vater und Mutter in Deutschland Mitte des letzten Jahrhunderts auf? Hannah Hohmann schildert in eindrucksvollen Bildern ihre Erinnerungen aus der Kindheit, die Höhen und Tiefen einer fünfköpfigen Familie ohne Eltern sowie ihre tagtäglichen Anstrengungen, selbstbestimmt den Alltag zu meistern. Dabei schildert sie neben den schönen Erinnerungen, die sie vor allem an ihre auf verschiedenen Italienreisen erlebten Eindrücke knüpft, auch die Widrigkeiten der Tochter eines Mannes, der seine Veranlagung wann immer möglich auslebte und neben seiner Familie immer mehr seinen jungen Geliebten zugetan war. Die tiefe Auseinandersetzung sowohl mit der eigenen Vergangenheit als auch den vielfältigen Themen, die es aufzuarbeiten gilt, lassen sich durch die hier vorliegende chronologische Schilderung der Erlebnisse nachvollziehen und machen neben den Kindheitsbetrachtungen das Buch zu einem sehr lesenswerten Zeitzeugnis.

Das Buch ist ab sofort als Taschenbuch und demnächst auch als eBook erhältlich.

Neue Grenzmauer versagt

Mit Hilfe von zwei Personen und einer Leiter gelang es einem Migranten, den ersten von Donald Trump an der Grenze zu Mexiko gebauten Abschnitt mit einer Investition von 18 Millionen Dollar zu erklimmen, um in das US-Gebiet einzudringen. Der Migrant rutschte an einer der Eisenstangen hinab, die die Firma SWF Constructors aus Omaha, Nebraska, in einem Abschnitt von etwa drei Kilometern westlich von Mexicali errichtet hat und dessen Höhe neun Meter erreicht. Diese Mauer aus Eisenstangen, eine Variante der acht Prototypen, die 2018 für Trump entworfen wurden, ersetzt die 1995 installierten Bleche als Ersatz für den Maschendrahtzaun. Agenten der US-Grenzpatrouille reagierten, sobald sie die Aktion des Migranten bemerkten, der sich in die Gran Plaza Outlets von Calexico schleichen konnte, die sich nur wenige Meter von der Metallmauer entfernt befindet.

Quelle: La Jornada

Chile-Nachrichten

Quelle: Lateinamerika Nachrichten Oktober/November 1988

In der Dezember-Ausgabe der Lateinamerika Nachrichten (Nr. 546 – Dezember 2019) geht es vornehmlich um die Situation in Chile. Nicht zum ersten Mal kämpfen die Menschen in Chile derzeit laut und deutlich gegen das herrschende System: Schon im Oktober 1988 stimmte die Mehrheit in einem Plebiszit gegen die Fortführung der Diktatur Pinochets. Danach übernahm eine ordentlich gewählte Regierung die Macht, trotzdem änderte sich in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht fast nichts. Im Editorial der Lateinamerika Nachrichten von Oktober 1988 wurde auf das damalige Motto der Kampagne gegen das Pinochet-Regime aufmerksam gemacht: „Die Feude ist schon unterwegs.“ Weitere Artikel in der jetzigen Ausgabe klären über die Situation auf und beleuchten die Proteste aus verschiedenen Blickwinkeln.

Ethel Barja

Ethel Barja wurde 1988 in Perú geboren und veröffentlichte die Gedichtbände „Trofeo imaginado entre dientes“ (SENAJU, 2011), „Gravitaciones“ (Paracaídas Editores, 2013) und „Insomnio vocal“ (Alastor, 2016). Sie studierte Linguistik und Literatur an der Pontificia Universidad Católica del Perú in Lima, Hispanoamerikanische Studien an der University of Illinois in Chicago, und promoviert an der Brown University im Bereich Hispanic Studies. Ihre Gedichte wurden u.a. in der Anthologie Voces al norte de la cordillera: Antología de voces andinas en los Estados Unidos (2016) sowie den Zeitschriften Madera, Los Bárbaros und Hostos Review publiziert. 2019 erhielt sie den Premio Cartografía Poética (Perú) und ihre Werke wurden bereits ins Englische, Französische, Katalanische und Portugiesische übersetzt. Das von ihr geleitete Gociterra ist ein kritischer und kreativer Raum für den Kommentar der zeitgenössischen lateinamerikanischen Literatur und die Übersetzung von englischer, französischer und deutscher Dichtung ins Spanische. Bei TraLaLit schreibt sie zudem regelmäßig einen Beitrag für ihre Kolumne, in welcher es ebenfalls um die Übersetzung von Gedichten geht. Eines ihrer Gedichte, mit einer Übersetzung ins Deutsche von Christiane Quandt, kann bei den Lateinamerika Nachrichten nachgelesen werden.

Kölner Gespräche zur Weltliteratur 2019

Die 5. „Kölner Gespräche zur Weltliteratur“ setzen sich im Rahmen des ERC-geförderten Forschungsprojekts „Reading Global. Constructions of World Literature and Latin America“ unter Leitung von Prof. Dr. Gesine Müller einmal mehr mit aktuellen Tendenzen in globalem Buchmarkt und Weltliteratur auseinander. Am Podiumsgespräch Literarisches Quintett – (Welt-)Literatur heute nehmen teil: Silvia Fehrmann (DAAD-Künstlerprogramm), Ursula März (DIE ZEIT), Markus Messling (Universität des Saarlandes), Sasha Marianna Salzmann (Autorin) und Denis Scheck (Druckfrisch). Im Anschluß findet eine Lesung und Diskussion mit dem argentinischen Autor Alan Pauls statt, die von Friederike von Criegern übersetzt und moderiert wird.

KI und Übersetzung

Der Tagesspiegel hat in einem Beitrag, betitelt mit „Sprachberufe in Gefahr: Künstliche Intelligenz verdrängt den Übersetzer – und nicht nur ihn“, über den Übersetzertag im Literarischen Colloquium berichtet. Auch wenn ’noch der Mensch die Maschine schlägt‘, ist dem Beitrag von Ulrike Baureithel doch zu entnehmen, dass es nicht mehr lange dauert, bis alles von Maschinen übersetzt wird und der Übersetzer sich zu einem ’Posteditor‘, einem ’grauen Heer von Textnachbereitern‘ entwickeln muss und auch wird. Die in dem Beitrag genannten Übersetzerhilfen wie Google Translate oder DeepL sind da angeblich schon sehr weit, um dem Übersetzer dank auch einer Fülle von Textkorpora früher oder später den Rang abzulaufen.

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Nationalfeiertag für Frauen mit Behinderungen

Die Parlamentarische Gruppe der Partei der institutionalisierten Revolution (Partido Revolucionario Institucional – PRI) im Senat hat eine Initiative vorgelegt, den 12. September zum „Nationalfeiertag für Frauen mit Behinderungen“ zu erklären. Damit will sie mit einem weiteren Element zur Bekämpfung von Diskriminierung beitragen und Gruppen von Menschen, die unter Einschränkungen des Zugangs zu ihren grundlegenden Menschenrechten leben, mehr Sichtbarkeit verschaffen. Die Initiative unter der Federführung von Miguel Ángel Osorio Chong sieht vor, dass der mexikanische Staat diesen Tag als einen Gedenktag zum Andenken an die Geburt von Gabriela Brimmer bestimmt, einer mexikanischen Pionierin im Aktivismus für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

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Kurzerzählungen II: Ritual – Karyatiden – Bilder von Vanya

In den drei cuentos, die in diesem zweiten Buch aus der Reihe Kurzerzählungen vorgestellt werden, bedient sich García Ponce wieder dem für ihn experimentellen Thema der Erotik als Auflehnung gegen das Normale. Aber auch das Begehren ist in diesen drei Kurzerzählungen ein für ihn wichtiges Motiv. Er schreibt seine Kurzerzählungen in der Regel volkstümlich, ohne dabei zu sehr in die Folklore abzugleiten. Obwohl in der spanischen Rezeption vielfach die Erotik als das herausragende Merkmal seiner Kurzerzählungen gilt, lenkt diese Sichtweise sehr von dem eigentlichen historischen Wert dieses Autors für die mexikanische Literatur ab, der folgende Generationen auf unterschiedliche Weise nachhaltig geprägt hat.

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