Russische Kunstszene

Nach der Ankündigung, dass die Künstler und der Kurator des Pavillons der Russischen Föderation von ihren Ämtern zurückgetreten sind und ihre Teilnahme an der 59. Biennale von Venedig, die vom 23. April bis zum 27. November 2022 stattfinden wird, abgesagt haben, wurden ähnliche öffentliche Anschuldigungen von Persönlichkeiten aus der Kunstwelt erhoben. Während Russland seinen Kampf zur Eroberung und Verteidigung der eigenen Leute in der Ukraine fortsetzt, haben Hunderte von Persönlichkeiten aus der russischen Kunstwelt und wichtige private Institutionen eine klare Position gegen den Krieg bezogen. Die Moskauer Galeristin Ekaterina Iragui meinte laut Il Giornale dell’arte, dass es allerdings kurzsichtig sei, die gesamte russische Kunstszene mit dem, was die Regierung tut, in Verbindung zu bringen. Und auch der Künstler Dmitry Vilensky betonte, dass die Mehrheit der Kunstwelt die Militäraktionen in der Ukraine ablehnt, aber die Unterdrückung es schwierig mache, dies öffentlich darzustellen.

Die Nachricht folgte auf eine Twitter-Nachricht der Teilnehmer des ukrainischen Pavillons, die ihre Empörung über Kunstinstitutionen, die ihre Mission verkünden, demokratische Werte zu verteidigen, aber kaum institutionellen Druck ausüben, zum Ausdruck brachten und die Kunstgemeinschaft dazu aufforderten, das russische Regime und seine Propagandamaschine von der Teilnahme auszuschließen. In einer Erklärung schlossen sie, dass der litauische und der estnische Pavillon einen offenen Brief initiiert habe, um Russland von der Ausstellung auszuschließen. Nach der Bekanntgabe des Rücktritts erklärten die Teilnehmer des Pavillons der Russischen Föderation, dass diese Entscheidung von den einzelnen Künstlern und dem Kurator des Pavillons und nicht von den Organisatoren getroffen worden sei.

Ähnliche Vorfälle sind auch in Deutschland (und anderen europäischen Ländern) zu beobachten: Wer sich als russischer Künstler nicht öffentlich solidarisch mit der Ukraine erklärt und von Putin distanziert, wird einfach entlassen. Dazu schreibt die Süddeutsche Zeitung im Falle des Dirigenten Valery Gergiev: „Es ist ein Unterschied, ob einer sich lieber nicht distanziert – oder ob er, im Gegenteil, öffentlich Menschen preist, die so viel Elend über ganze Völker bringen. Darauf hat in der Gegenwartskunst ja Peter Handke das Copyright. Der bekommt trotzdem den Nobelpreis. Aber Gergiev soll nicht einmal mehr dirigieren dürfen, nach dem Motto: Wenn er sich nicht laut gegen Putin stellt, kann er ja wohl auch jetzt nur ein Komplize sein. Jeder Tag bringt derzeit neue Eskalationen, große und kleine, und wozu das führt, weiß kein Mensch.“ Wirklich nicht?