Auf der soeben zu Ende gegangenen Cologne Summer School an der Uniwersytet Jagielloński w Krakowie kam unter anderem bei einem Gespräch mit einem Wirtschaftswissenschaftler das Thema auf die „Modern Monetary Theory“ (MMT). Eine der Heimstätten dieser bisher weitestgehend ignorierten Theorie ist die Universität Missouri, wo der ehemalige Bankenregulierer und Professor für Recht und Wirtschaft, Bill Black, lehrt und dafür wirbt, höhere Staatsdefizite in Kauf zu nehmen, da diese keine Katastrophe darstellen würden.
Norbert Häring, seit 1997 Wirtschaftsjournalist, schreibt über die „Modern Monetary Theorie“: Seit Ende der Golddeckung der Währungen sind die Zusammenhänge zwischen der Staatsfinanzierung und der Notenpresse de facto überall so, wie MMT das darstellt, unabhängig vom konkreten geldpolitischen Arrangement. Das funktioniert folgendermaßen: Die Notenbank stellt den Banken durch einfachen Computereintrag Geld in Form von Notenbankguthaben zur Verfügung. Die Banken kaufen damit Staatsanleihen und stellen es so ihrerseits wieder dem Staat zur Verfügung. Wenn die Notenbanken, wie sie das in den letzten Jahren in großem Umfang getan haben, selbst Staatsanleihen kaufen, betätigen sie sich sogar fast direkt als Staatsfinanzierer; nur mit dem kleinen Umweg, dass sie die Anleihen den Banken abkaufen, nicht gleich dem Staat. Letztlich betätigt sich die Notenbank bei Bedarf immer als Finanzierer des Staats. Die formale Unabhängigkeit der Notenbanken von den Regierungen dient aus Sicht der MMT-Vertreter nur der Verschleierung dieses Zusammenhangs.
MMT ist eine mit rund 25 Jahren recht junge Theorie. Im Zentrum steht die „staatliche Theorie des Geldes“, die Georg Friedrich Knapp vor 100 Jahren entwickelte. Demnach gibt der Staat Geld heraus und bestreitet damit seine Ausgaben. Steuern werden im Rahmen von MMT nicht als Finanzierungsinstrument des Staates betrachtet. Vielmehr dienen sie dazu, die Inflation zu begrenzen, indem ein Teil des in Umlauf gebrachten Geldes wieder eingesammelt wird. Daneben dienen Steuern als Instrument der Umverteilung. Auch Staatsanleihen dienen nicht der Finanzierung, sondern dazu, den Zins zu steuern. Wenn der Staat Anleihen ausgibt und auf diese einen positiven Zins zahlt, verhindere er, dass der Zins auf null fällt. Denn durch Ausgabe von Anleihen tauscht die Regierung einen Teil des ausgegebenen, zinslosen Geldes gegen verzinste Anleihen.