Das Spanische – man kann es vernachlässigen, aber nie wird man Don Juan in ein anderes, ein bestimmtes, beispielsweise ein deutsches oder angelsächsisches oder slawisches Kostüm stecken, man versuche es, um daran zu erfahren, wie sehr Don Juan, ungeachtet unsrer Ausdeutung, im Grunde eine spanische Kreation ist und bleibt. Der Spanier […] kennt kein Vielleicht, kein Sowohl-Als-Auch, nur Ja oder Nein. Er kennt ja auch nur zweierlei Wein, roten oder weißen; er kennt keine Nuancen. Das hat etwas Großartiges bis in den Alltag hinein. Was ausfällt, ist das Zögern, das Vermengen, das Vermitteln; aber auch die Fülle der Übergänge. Was ausfällt, ist die seelische Mitte, das Gemüt, insofern auch das Mitleid, das kleine wie das große, fast möchte man sagen: die humane Liebe. Wenn der Spanier sagt: Ich liebe dich! so heißen die gleichen Worte: Ich will dich! Und sein Mut, wie er ja auch zu Don Juan gehört, erscheint uns oft als pure Geste, womit ein fatalistischer Mensch, einsam unter der kahlen Bläue des spanischen Himmels, sich selbst unterhält: Tod oder Leben, was tut es! Auch ihre Tänze haben ja das Trotzige, Hochmütige, Herausfordernde; Stimmung wird wie etwas Unwürdiges abgeschüttelt, mit Füßen zerstampft, unwirsch, geradezu hönisch, und wie leidenschaftlich ihr Tanz auch werden mag, nie endet er in Rausch, nie in der Wonne der Auflösung, im Gegenteil: im Triumph über den Rausch, in einer Pose des Völlig-Gefaßten, abrupt. Und stolz, versteht sich; dabei hat ja der Stolz immer etwas Leeres, etwas Ersatzhaftes. Lust am Leben? Größer ist die Lust am Bezwingen, spanischer.
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