Führungsriege der Sekte gehört auch in Deutschland vor Gericht

Folter und Kindesmissbrauch sind nur einige der Verbrechen, die in der deutschen Sektensiedlung „Colonia Dignidad“ in Chile begangen wurden. Seit den 1970er Jahren gehörten Hartmut Hopp und Reinhard Döring zur Führungsriege der Colonia, heute leben sie Deutschland – allerhöchste Zeit, dass sie auch von der deutschen Justiz zur Verantwortung gezogen werden.

Mit Betroffenen und der Kooperationsanwältin Petra Schlagenhauf aus Berlin hat das European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR) bei der Staatsanwaltschaft Münster im April 2018 Strafanzeige gegen Döring sowie bereits im August 2011 in Krefeld gegen Hopp eingereicht. Das Ermittlungsverfahren gegen Hopp in Krefeld läuft – auch nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im September 2018, dass der ehemalige Sektenarzt seine chilenische Haftstrafe in Deutschland nicht verbüßen muss.

Vorrangiges Ziel der juristischen Schritte gegen Hopp und Döring in Deutschland ist es, die Aufarbeitung in Chile zu unterstützen. Unter Berufung auf die Anzeigen des ECCHR laufen in Krefeld und Münster förmliche Ermittlungsverfahren. Im Februar 2012 musste Hopp in Krefeld als Beschuldigter aussagen. Opfern und Angehörigen gab dies Hoffnung, dass es auch in Deutschland zu einer ernsthaften Aufarbeitung und Verfolgung der Verbrechen in der Colonia Dignidad kommen könnte.

Die 1961 gegründete Colonia Dignidad war ein auslandsdeutsches, festungsartig ausgebautes Siedlungsareal in Chile, das als abgeschottete Parallelgesellschaft agierte. Die Siedlung war jahrzehntelang Ort schwerster Menschenrechtsverletzungen. Gegner_innen des Pinochet-Regimes „verschwanden“ dort, wurden mutmaßlich gefoltert und ermordet. Deutsche und chilenische Kinder wurden systematisch jahrzehntelang sexuell missbraucht, Bewohner_innen mit starken Psychopharmaka ruhig gestellt.

Heute wird die Siedlung Villa Baviera genannt, auf dem ehemaligen Koloniegelände leben etwa 100 Menschen.

Quelle: ECCHR