Geheimnisse aus dem Untergrund

Bild: Ediciones del Lirio

Angesichts der Unterdrückung des studentischen Aufstands, der im Oktober 1968 in dem Massaker von Tlatelolco gipfelte, entstanden in Mexiko Dutzende von Guerillagruppen. Diese Organisationen, die einem unerbittlichen Feind entgegentreten mussten, entwickelten sich im Verborgenen und operierten außerhalb des Gesetzes. Dadurch konnten sie ihr Ziel, sich mit dem Volk, das sie zur Revolution führen wollten, zu verbinden, nicht in vollem Umfang erreichen. Denn sie traten nur in schnellen, kleinen Propaganda-Aktionen oder in gewaltsamen Zusammenstößen mit Soldaten und der Polizei an die Öffentlichkeit, zumal diese mit gleicher Grausamkeit sowohl Militante als auch verängstigte Bürger verfolgten, die sie der Sympathie für die Subversiven verdächtigten.

Damals stellten sich in der Gesellschaft Fragen, auf die es keine klaren und verlässlichen Antworten gab: Wer sind diese Leute wirklich? Warum setzen sich junge Menschen, die eine gute Zukunft haben könnten, dem fast sicheren Tod aus? Und wie sieht ihr Alltag aus? Was machen sie, wenn sie nicht gerade Banken ausrauben? Woher bekommen sie ihre Waffen? Wie können sie ihre Eltern, ihre Partner, ihre Kinder im Stich lassen? Was treibt die schwindende Zahl der Überlebenden dazu, Jahrzehnte lang weiterzukämpfen, ohne ihren Ideen abzuschwören? Der Roman Secretos del clandestinaje bietet eine umfassende und maßgebliche Antwort auf diese Fragen. Dabei handelt es sich um eine authentische Erzählung, die auf schockierenden wahren Ereignissen beruht, die der Autor in mehr als zwanzig Jahren Militanz als Mitglied der Dirección de las Fuerzas de Liberación Nacional und des Kommandos der Ejército Zapatista aus erster Hand erfahren und erlebt hat.

Beim Aufschlagen des Buches tauchen Hunderte von unscheinbaren Männern und Frauen auf, die reden, sich kleiden, gehen, arbeiten und reisen, äußerlich nicht zu unterscheiden von denen, die sie umgeben. Denn ihre Aufgabe besteht gerade darin, unbemerkt zu bleiben, während sie einem Polizisten folgen, militärische Handbücher erwerben, Spenden an Medikamenten entgegennehmen, in einer Ölgesellschaft arbeiten, Wohnungen unter falschem Namen mieten, Formulare in einer Botschaft ausfüllen, unterrichten oder Kurse besuchen, in Parks und Eisdielen plaudern, Taxi fahren, gemahlenen Kaffee auf Märkten und in Restaurants verkaufen. Und alles nur, um die bescheidene Aufgabe zu erfüllen, die ihnen in dem großen Projekt zukommt: im Stillen die revolutionäre Organisation aufzubauen, um das Regime zu stürzen.

Durch die Linse der literarischen Kunst sieht der Leser alles, von Studentenkundgebungen bis hin zu Dschungelcamps, sicheren Unterschlüpfen, Rekrutierung von Kämpfern, politischen Debatten, bewaffneten Auseinandersetzungen, Verfolgungen, Hinterhalten… Handlungen, Gedanken, Emotionen von Männern und Frauen, die auf der Suche nach einer Welt der Gerechtigkeit und Freiheit ihr Leben und, wenn die Zeit gekommen ist, auch ihren Tod gaben.