Schmetterlinge und Diktatoren

Ende September erscheint im S. Fischer Verlag ein neues Buch mit einem erhellenden Blick auf die Geschichte Lateinamerikas. Michi Strausfeld liefert in »Gelbe Schmetterlinge und die Herren Diktatoren. Lateinamerika erzählt seine Geschichte« in persönlichen Porträts führender Autoren eine einzigartige und farbige Darstellung von 500 Jahren Kulturgeschichte, so wie sie nur die großartige Literatur in ihrer ganzen Spannbreite schildern kann. Dabei ist es ein eher politisches Buch, da Literatur und Politik in Lateinamerika kaum zu trennen sind, und nur mit dem Blick der Autorinnen und Autoren auf ihren Kontinent kann ein Dialog auf Augenhöhe gelingen – nicht durch Eurozentrismus (vgl. die Verlagsankündigung).

Einen ersten Vorgeschmack auf das Buch bietet das Kulturmagazin perlentaucher.de und zeigt den Spannungsbogen der 500 Jahre Kulturgeschichte anhand der Geschichte Mexikos, die sich durch die Romane und Geschichten seiner großen Autorinnen und Dichter erzählen lässt. Es ist eine Geschichte der Gewalt, aber auch des Widerstands der Zivilgesellschaft, wie sie die anderen lateinamerikanischen Länder ebenfalls erzählen könnten.

Le visioni di Johanna – Francesco de Filippo

In Deutschland in den frühen Jahren des Nationalsozialismus ist Sebastian verheiratet, Ingenieur und Vater von fünf Kindern, aber er hat auch romantische Beziehungen zu gleichgeschlechtlichen Jugendlichen. Die Familie gibt vor, es nicht zu wissen, und jeder ist zu einer stillen, schuldbesetzten psychologischen Gefangenschaft verurteilt. Nur für die letztgeborene, die ahnungslose Johanna, ist ihr Vater ein Held, und wird dafür stillschweigend von ihren Brüdern verurteilt. Sebastian wird von der SS verfolgt, schafft es aber zu überleben; nach dem Krieg lässt er alle im Stich und reist ins ferne Indonesien, wo er an einer internationalen Päderastie-Tour teilnimmt und wo er als Erzieher Erfolg hat. Nach seinem Tod verfolgt Johanna seine Schritte in Südostasien und entdeckt, dass ihr Vater nicht der Held war, für den sie ihn hielt.

Le visioni di Johanna von Francesco de Filippo.
Verlag: Castelvecchi (25. Juli 2019), Sprache: Italienisch. ISBN: 9788832825565

Investigativjournalismus und Korruption in Lateinamerika

Reporter ohne Grenzen und die Friedrich-Ebert-Stiftung laden ein zum Podiumsgespräch über Investigativjournalismus und Korruption in Lateinamerika

am Dienstag, den 24. September 2019
von 18:30 bis 20:00 Uhr
in der Potsdamer Straße 144
10783 Berlin (2.OG)

Lava Jato“ (international auch bekannt als „Operation Car Wash“) ist der größte Korruptionsskandal in der lateinamerikanischen Geschichte. Die brasilianische Baufirma Odebrecht hat über Jahre im großen Stil Politikerinnen und Politiker sowie hohe Funktionäre in der Region bestochen. Allein in Peru sind vier der vergangenen fünf Präsidenten involviert. Der Skandal hat ein politisches Beben ausgelöst. Aufgedeckt und vor allem konsequent verfolgt wurde der Skandal insbesondere durch die mutige Recherche von Investigativjournalistinnen und -journalisten.

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Immanuel Wallerstein, der rebellische Intellektuelle, gestorben

© www.iwallerstein.com

Obwohl Immanuel Wallerstein in Nord- und Südamerika zu den bekanntesten Soziologen der Gegenwart zählt, seine Hauptwerke in 20 Sprachen übersetzt worden sind, er Präsident der International Sociological Association (1994 bis 1998) war und einer der Mitbegründer der Welt-System Analyse ist, ist er in Deutschland weitgehend unbekannt. Wallerstein, der am 28. September 1930 in New York geboren wurde, studierte an der Columbia University, wo er nach seiner Promotion eine Professur innehatte. Während seiner umfangreichen akademischen Laufbahn war er Gastprofessor an verschiedenen Universitäten in den Vereinigten Staaten und anderen Teilen der Welt und erhielt Doktorate und andere Ehrenauszeichnungen von mehreren Institutionen, darunter 1998 von der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Zwischen 1976 und 2005 leitete Wallerstein das Fernand Braudel Center an der State University of New York, Binghamton (wo er Professor war), das sich der Geschichte des großen sozialen Wandels widmete. Nach seiner Pensionierung im Jahr 1999 wurde er zum Senior Research Scholar an der Yale University ernannt. Er starb am 31. August 2019 mit 88 Jahren.

Science is an adventure and an opportunity for us all, and we are called to participate in it, to build it and to know its limitations.

(Für eine „biographische Wegbeschreibung und zur Welt-System-Analyse siehe auch Heiter, Bernd: „Immanuel Wallerstein: Unthinking Culture?“ In: Moebius, Stephan/Qaudflieg, Dirk (Hrsg.): Kultur. Theorien der Gegenwart. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006. S. 557-570.)

Mythen über die Eroberung Mexikos

Foto: INAH

Am 22. August 2019 fand ein zweitägiges Kolloquium statt, veranstaltet vom Museo Nacional del Virreinato zusammen mit der Universidad Iberoamericana, zum Thema „Hernán Cortés: 1519-2019„. Im Rahmen des Kolloquiums hielt Eduardo Matos seine keynote über „Causas y mitos en la conquista de México“ („Ursachen und Mythen bei der Eroberung Mexikos“).

Der Forscher entmystifizierte einige der historisch am weitesten verbreiteten Missverständnisse über den Untergang des Imperiums der Mexica, darunter einen der bekanntesten Sätze nach der Einnahme der nahe von Tenochtitlan gelegenen Stadt Tlatelolco, den Cuauhtémoc nach seiner Festsetzung zu Hernán Cortés sagte:

„Señor Malinche, ya he hecho lo que estoy obligado a hacer en defensa de mi ciudad y de los vasallos y no puedo más, y pues vengo por fuerza y preso ante tu persona y poder; toma ese puñal que tienes en el cinto y mátame luego con él.“
(Laura Esquivel: Malinche. New York: Atria Books, 2009. S. 139).

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Neokolonialismus auf der Yucatán-Halbinsel

In der Beilage La Jornada del Campo finden sich in der Ausgabe von August 2019 einige Artikel zum Neokolonialismus, die die aktuelle Situation unter anderem wegen der geplanten Megaprojekte zum Thema des Monats machen. Bisher waren die sozio-ökologischen Auswirkungen auf der mexikanischen Halbinsel ausschließlich auf bestimmte Entwicklungszentren wie Cancun (Quintana Roo) oder Ciudad del Carmen (Campeche) beschänkt. Derzeit provozieren Mega-Projekte und eine Reihe von politischen Interessen im Zusammenhang mit sozialem Landbesitz und der Förderung einer intensiven agroindustriellen Produktion einen allgemeinen Prozess der Verstädterung, der die Beständigkeit der noch bestehenden Gemeinschaften der campesinos (Indigene der Mayakultur) und einzigartige Ökosysteme bedroht.

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González Iñárritu erhält „Herz von Sarajevo“

Der mexikanische Regisseur, Produzent und Drehbuchautor Alejandro González Iñárritu, Gewinner der Oscarverleihung des besten Films 2015 für Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance), wurde mit dem „Heart of Honor“ des Sarajevo Film Festivals ausgezeichnet. Die Ehrenauszeichnung der 25. Ausgabe des Festivals, das als wichtigstes im Balkan gilt, wurde dem Mexikaner für seinen außergewöhnlichen Beitrag zur „septième art“ verliehen. Es sei eine große Freude, diesen angesehenen Autor zu ehren, der weiterhin Grenzen überschreite und seine einzigartige künstlerische Vision in unvorhersehbare und herausragende Filme verwandelt, so die Veranstalter des Festivals. Seine Filme zeichneten sich durch einen unverwechselbaren Stil und Rhythmus aus und verzaubern und begeistern Publikum und Filmkritiker gleichermaßen auf der ganzen Welt.

Ausschreibung der Entwurfsplanung des Maya-Zuges

Der Fondo Nacional de Fomento al Turismo (FONATUR) hat den Gewinner der Ausschreibung für das „Basic Engineering“ des Maya-Zuges bekanntgegeben. Sieger ist das Konsortium aus SENERMEX Ingeniería y Sistemas, S.A. de C.V., Daniferrotools, S.A. de C.V., Geotecnia y Supervisión Técnica, S.A. de C.V. und Key Capital, S.A.P.I. de C.V., dessen Vorschlag den erforderlichen technischen, rechtlichen, administrativen und wirtschaftlichen Anforderungen entsprach und die höchste Punktzahl erhielt. Die Prüfung der Angebote wurde von einem Team von mehr als 50 Fachleuten durchgeführt, die laut FONATUR auf rechtliche, technische und wirtschaftliche Fragen spezialisiert sind.

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IPPNW kritisiert Streichung der Zivilklausel in NRW

Durch Neufassung des Landeshochschulgesetzes hat der Landtag in Düsseldorf kurz vor seiner Sommerpause auf Antrag der schwarz-gelben Landesregierung die „Zivilklausel“ gestrichen. Bislang hatten sich mehr als 60 Hochschulen in mehreren Bundesländern durch eine solche „Zivilklausel“ die Selbstverpflichtung auferlegt, ausschließlich für zivile und nicht für militärische Zwecke zu forschen. Der Verein „Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.“ sieht in dem Erhalt und der Weiterverbreitung von Zivilklauseln einen notwendigen ethischen Beitrag der Hochschulen, um Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie zu fördern.

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Mario Vargas Llosa: El hombre de negro

Die Zeitschrift Letras Libres veröffentlicht in seiner Ausgabe von August 2019 (México No. 248 / España No. 215) eine bisher unveröffentlichte Kurzerzählung von Mario Vargas Llosa. Darin bekommt ein Schauspieler mit nur geringem Engagement das Angebot, bei der Bearbeitung von Los cuentos de la peste mitzuwirken, dem Werk, in welchem Vargas Llosa die Geschichten von Boccaccios Decameron meisterhaft nachbildet. Der Vorschlag, wie man beim Lesen der Kurzerzählung feststellt, ist ungewöhnlich, aber er entflieht auch dem Gewöhnlichen, was der Schauspieler auf der Bühne entdeckt. Dies ist die Prämisse von „El hombre de negro“, in der Humor, die Hintergründe des theatralischen Mediums, frustrierte Sehnsüchte und die Epiphanien der Kunst (im Sinne der ‚Erscheinung‘, wie sie von James Joyce als Begriff auf die Literatur übertragen wurde) zusammenkommen.