Der Dudenverlag, also jener Verlag, der das maßgebliche deutsche Wörterbuch herausgibt, hat jetzt ein neues Buch von Susan Arndt, Literaturwissenschaftlerin und Rassismusforscherin an der Universität Bayreuth, herausgegeben. Unter dem Titel Rassistisches Erbe: Wie wir mit der kolonialen Vergangenheit unserer Sprache umgehen, versucht Arndt aufzuzeigen, wie die Geschichte unsere Sprache noch immer rassistisch prägt und nutzt dafür aufschlussreiche Wortanalysen zu Problemfällen und neuen Alternativen, um eine Orientierung bei der sprachlichen Aufarbeitung von Rassismus zu geben. In der Ankündigung zu dem Buch ist zu lesen: ”Bei der aufgeheizten politischen Debatte um sprachliche Grenzen und diskriminierende Wortverwendungen, stellt sich die Frage, welche Wörter man benutzen darf. Wo liegen beispielsweise die Unterschiede zwischen »Farbiger« und »Person of Color«? Dieses Buch erläutert, wieso das N-Wort aus der Sprache verschwindet und hinterfragt kritisch, welche vergangenen Denkmuster in Wörtern wie »Naturvolk«, »Eingeborene« und »Tropenmedizin« stecken. Die Kulturwissenschaftlerin Susan Arndt setzt sich entlang konkreter Beispiele mit dem kolonialen Erbe in unserer Sprache auseinander. Darüber hinaus diskutiert sie die Zusammenhänge zwischen Sprache und Macht. Sie zeigt, welche Möglichkeiten wir haben, mit der kolonialen Vergangenheit in unserer Sprache umzugehen und wie neuere Begriffsverwendungen, wie »Indigene Menschen« oder »weiß«, Alternativen bieten.“
In einem Interview im Bayern2-Sprachmagazin „Sozusagen! Bemerkungen zur deutschen Sprache“ führt Arndt die Notwendigkeit auf, den historischen Kontext von Sprache zu verstehen, um die Weltsicht beschreiben zu können, die aus rassistischen Begriffen spricht. Denn erst mit einem Rückblick zeigt sich, ”dass der Kolonialismus schon in der frühen Neuzeit – dem Zeitalter des Humanismus, der Aufklärung – die geltenden Vorstellungen von Recht verletzt hat. Da wurden Ländereien und Ressourcen geraubt, Menschen versklavt, viele umgebracht, ja sogar ganze Gesellschaften ausgelöscht.“ Um diese Verbrechen erklären zu können, wurden Begriffe gebraucht, die Menschen aus anderen Zvilisationen ihr Menschsein abgesprochen haben. Arndt geht dabei so weit, auch Begriffe wie Lateinamerika als problematisch einzuordnen und auch die Rede von der Entdeckung als rassistisch einzustufen, da es sich bei der Entdeckung um einen Euphemismus handele: Als Kolumbus 1492 an der amerikanischen Küste landete, begegnete er dort Menschen – trotzdem benutzte er das Wort „Entdeckung“ oder „Neue Welt“. ”Entdecken kann man ja eigentlich nur etwas, was Menschen vorher nicht bekannt ist. Aber wenn ich auf Menschen treffe, kann ich schlecht behaupten, dieses Territorium sei Menschen noch nicht bekannt gewesen. Es sei denn, ich schreibe ihnen eben das vollwertige Menschsein ab.“
Interessant in dem Interview ist dabei ihr Einwand, Begriffe würden ja immer auch einen Bedeutungswandel durchmachen. Wenn wir heute den Begriff „Kolonialismus“ hören, ”dann schwingt auf der Bedeutungsebene sehr stark mit, was real passiert ist, nämlich Landraub, Versklavung, Mord. Insofern können sich Begriffe auch weiterentwickeln, indem sie kritisch verwendet und kritisch reflektiert werden.“ Dieser Bedeutungswandel bei dem Begriff „Kolonialismus“ hat sich ohne die ganzen ideologisch geprägten und in der heutigen Zeit politisch aufgeheizten Diskussionen vollzogen, weshalb sich die Frage stellt, ob bestimmte Worte aus unserem Sprachgebrauch ganz gestrichen werden müssen (man möge selbst an das klassische Beispiel denken) oder durch Anglizismen ausgetauscht werden sollten (wie im Fall von People of Colour), wenn doch bei einer Reflexion im Sprachgebrauch eben dieser Bedeutungswandel ganz aus sich selbst heraus vonstatten gehen kann.
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