Rezension zu „Marinera. Ein letzter Tanz“

Peru-Vision ist eine Informationsplattform für Personen und Organisationen, die sich für Peru interessieren. Sie möchte Kooperationen und den Erfahrungsaustausch zwischen Peru und den deutschsprachigen Ländern fördern und informiert über Produkte im Handel zwischen diesen Ländern, über Investitionsprojekte und Geschäftsmöglichkeiten, Politik und Entwicklungszusammenarbeit, über kulturelle, touristische und gastronomische Höhepunkte.

Jetzt hat Ernst R. Hartmann auf dieser Plattform eine Rezension zu Marinera. Ein letzter Tanz veröffentlicht. Darin schreibt er unter anderen, dass das Buch eine Herausforderung ist, „ein in unzählige Scherben zerbrochener Spiegel“, weil der Autor nicht linear erzählt. „Er lässt seine Personen selbst zu Wort kommen. In 57 Gesprächen, eher noch Ansprachen, in wörtlicher Rede, oft ineinander verschachtelt, berichten sie über ihr Leben, ihre Liebe, über ihre Arbeit, ihre Begegnungen, Hoffnungen und Enttäuschungen.“

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Das Land meiner Träume

Im Oktober 2019 führte die Erhöhung der Metropreise in Santiago de Chile zu heftigen sozialen Protesten. Über eine Million Menschen demonstrierten für ein gerechteres Bildungs- und Gesundheitssystem und eine neue Verfassung. Diese sollte die strengen Regeln ersetzen, die dem Land während der Militärdiktatur Pinochets auferlegt worden waren. An vorderster Stelle der Proteste: Die Frauen, deren Sprechgesänge besonders laut erklingen. Der Filmemacher Patricio Guzmán hält die langersehnte Revolte in seiner Heimat mit eindringlichen Bildern von den Straßen Santiagos und in Interviews mit zahlreichen AktivistInnen fest und liefert ein erfrischendes Zeitdokument, das fesselt, aber auch unter die Haut geht.

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Niemand wird mich weinen sehen

Der Roman Nadie me verá llorar von Cristina Rivera Garza, einer mexikanischen Soziologin, Historikerin und Schriftstellerin, ist ein fiktionaler Text. Er hat seine eigenen Codes, die sich von denen einer sozio-historischen Untersuchung unterscheiden, auch wenn die Autorin 1995 am Historischen Institut der Houston Universität promoviert hat. Heute arbeitet sie als Außerordentliche Professorin für Hispanistik und Direktorin des Programms für kreatives Schreiben an eben dieser Universität und ist Autorin von sechs Romanen und zahlreichen Sammlungen von Kurzerzählungen.

Im Mittelpunkt des Romans steht die Geschichte der Liebe und/oder Besessenheit eines Fotografen zu einer Prostituierten und Verrückten. Joaquín Buitrago, ein Fotograf von Dirnen und Geisteskranken, erkennt in einer Verrückten aus La Castañeda, einer Irrenanstalt, die der frühere Präsident Mexikos, Porfirio Díaz, 1910 in einer ehemaligen Hazienda in Mixcoac eingeweiht hat, eine Prostituierte namens Matilda Burgos, die er Jahre zuvor in La Modernidad kennengelernt hatte. Genau dafür stehen ihm die Mittel zur Verfügung: Sein Auge ist ein Fotoapparat, sein Fotoapparat oder seine ’Daguerreotypie‘ ist die notwendige „Identifizierungs“-Ausrüstung, und so wie die Fotografie zur Kontrolle der Frauen auf der Straße als eine Art sanitäres und polizeiliches Phantombild eingesetzt wurde, so wurde sie auch zur Kontrolle in den Irrenanstalten verwendet.

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Gedenkstätte für und in der Colonia Dignidad

Seit 2014 arbeitet ein interdisziplinäres Team mit verschiedenen Betroffenengruppen der Colonia Dignidad an der Frage, wie die Vergangenheit am historischen Ort thematisiert werden sollte (vgl. hierzu die Bestandsaufnahme partizipativ erinnern). 2016 stellte die chilenische Regierung einen Teil der Siedlung unter Denkmalschutz, im Jahr darauf gründete sich eine Gemeinsame Kommission aus Vertretern der chilenischen und der deutschen Regierung, die zwei chilenische und zwei deutsche ExpertInnen mit der Entwicklung eines Gedenkstättenkonzepts beauftragte. Das Gelände wurde nach der Festnahme des Anführers der Colonia Dignidad, Paul Schäfer, im Jahr 2005 mit Unterstützung der Bundesregierung über die GIZ in ein Freizeit- und Tourismuszentrum umgewandelt, in dem Hochzeiten und deutsch-folkloristische Feste gefeiert werden. Die Diskussion über diese Nutzung des Geländes ist Teil des Prozesses um eine zukünftige Gedenkstätte in der ehemaligen deutschen Siedlung (ebda., S. 76).

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Zwanzig Jahre nach dem Streik an der UNAM

Bild: CNDH México

Die Geschichte des modernen Mexiko ist voll von Szenen, in denen sich die Behörden als unfähig erwiesen haben, junge Menschen zu verstehen. Angesichts der fortschrittlichen Forderungen verschiedener sozialer Bewegungen, die in den Herzen der neuen Generationen entstanden sind, ist die häufigste Reaktion die Halsstarrigkeit. Es ging nicht um einen Mangel an Verständnis, sondern um ein völliges Versagen, zuzuhören. Stigmatisierung und Kriminalisierung waren jahrzehntelang die bevorzugten Antworten der am meisten dialogunfähigen Regierungen. Mehr als einmal wurden Jugendliche als Bedrohung für Stabilität, Frieden und öffentliche Ordnung bezeichnet. Unterdrückung bis hin zum Völkermord wurden zur Sprache des Staates, der von Personen geführt wurde, die nicht in der Lage waren, in den Meinungsverschiedenheiten enorme Chancen für das Land zu sehen.

Ein Großteil des politischen Fortschritts wie auch im Bereich der Menschenrechte ging zweifellos von den Studentenbewegungen aus. Niemand kann beispielsweise den Wendepunkt von 1968 und die offene Wunde des Massakers vom 2. Oktober in Tlatelolco leugnen, die bis heute nachwirkt. Jede Bewegung war auf ihre eigene Art und Weise eine soziale Forderung nach einer besseren Zukunft. Der Widerstand gegen Ungerechtigkeit, der Kampf für Gerechtigkeit und die Infragestellung von absurd ausgeübter Macht haben sich in verschiedenen Protesten, Märschen, Streiks, Arbeitsniederlegungen, kurz gesagt in der Wiederaneignung des öffentlichen Raums ausgedrückt. Es besteht kein Zweifel, dass der Diskurs der Macht alle durchdrungen hat. Ein Beweis dafür ist, dass Worte wie die eingangs genannten nicht ohne einen Hauch von Stigma ausgesprochen werden können; sie scheinen mit Disqualifikationen verbunden zu sein. Es ist unsere Aufgabe, durch Reflexion und Analyse diese Mechanismen abzubauen, die versuchen, die in den organisierten Aktionen der Bürger verborgene Fähigkeit zum Wandel unsichtbar zu machen. Dieses Buch ist ein Versuch in diese Richtung, in die Konstruktion einer Geschichte, die nicht ausschließlich aus der Perspektive der Macht erzählt wird.

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Deutsche Erinnerungslücken

Bild: wbg THEISS

Vor dem Hintergrund der deutschen Erinnerungslücken versammeln die Historikerinnen Franziska Davies und Katja Makhotina in ihrem Buch Offene Wunden Osteuropas: Reisen zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs Berichte osteuropäischer Zeitzeugen in Form von zehn Essays, geschrieben im lebendigen Reportage-Stil. Obwohl als populärwissenschaftliches Buch verfasst, handelt es sich um die perfekte Einführung in die blutige Geschichte Osteuropas und bereitet ein schwieriges Thema gut lesbar auch für Nicht-Experten auf, ohne es dabei zu sehr zu vereinfachen.

Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ist das Fundament Europas und prägt unsere gemeinsame Gegenwart und Zukunft. Doch was wissen wir wirklich über den Zweiten Weltkrieg in Osteuropa? Beide Autorinnen plädieren für eine gemeinsame Erinnerung, aus der ein neues europäisches Bewusstsein entstehen kann, und laden dazu ein, sich mit der Geschichte der eigenen Groß- und Urgroßeltern zu beschäftigen.

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Ciudad de México statt México D.F.

In der neuesten Version des Diccionario de la lengua española (DLE) gibt es keinen Distrito Federal (D.F., dt. Bundesdistrikt) mehr, an seinem Platz steht jetzt die Ciudad de México (Mexiko-Stadt). Daher heißt es auch in der Bedeutung von „chilango/a“, dass er/sie „gebürtig“ oder „zu Mexiko-Stadt gehörend“ ist. Die Real Academia Española (RAE) erkennt in dieser Version auch neue Wörter an, wie „garciamarquiano/a“, „cortazariano/a“ und „mamitis“, oder die neue Bedeutung von „forro“: „sehr attraktive Person“.

Wie jedes Jahr stellten die Direktorin der DLE, Paz Battaner, und der Präsident der RAE, Santiago Muñoz Machado, die neuen Ergänzungen der elektronischen Version des Referenzdokuments vor, die dieses Mal bereits die 23.6 Aktualisierung ist. Jeder neue Zusatz wird nach demselben Verfahren genehmigt: Er wird von fünf Kommissionen analysiert, den übrigen Akademien zur Prüfung vorgelegt und, wenn er alle Verfahren bestanden hat, schließlich in das Wörterbuch aufgenommen. Zu den Neuzugängen gehören nicht nur neu hinzugefügte Begriffe, sondern auch Artikeländerungen und Streichungen. Die Aufnahme geht häufig auf Anträge von Einzelpersonen, Institutionen oder Akademien zurück, wie im Fall von „Distrito Federal“, der einem Antrag der Behörden der Hauptstadt von Mexiko folgt, die seit einiger Zeit die Streichung dieses Namens aus den betreffenden Definitionen gefordert hatten, da sich der Name geändert habe.

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Gestrichene Utopien

Hans Magnus Enzensberger wurde 1929 in Kaufbeuren (Bayern) geboren und lebte an verschiedenen Orten in Deutschland, Europa, den Vereinigten Staaten von Amerika und Lateinamerika sowie einige Jahre lang auf der norwegischen Insel Tjøme. Einen seiner längsten Aufenthalte verbrachte er in Havanna, Kuba, aus dem das Buch El interrogatorio de La Habana hervorging, das in seiner spanischen Ausgabe (Anagrama, 1973, übersetzt von Michael Faber Kaiser) vier lange Essays enthält.1 Aus Protest gegenüber der US-Amerikanischen Außenpolitik hatte er im Februar 1968 seinen Fellowship am Center for Advanced Studies der Wesleyan University in Connecticut, USA, nach nur drei Monaten abgebrochen, da er „die Klasse, die die USA beherrscht, und die Regierung, die ihr als Werkzeug dient, für die gefährlichste menschliche Gruppierung der Erde“2 hielt.

Mit einem unbarmherzigen, scharfsinnigen und schonungslos ironischen Blick hat Enzensberger eine solide schöpferische Tätigkeit entwickelt, aus der zum einen sein poetisches Werk hervorsticht, zum anderen auch mehrere Essaybände. Es ist nicht verwunderlich, dass Enzensberger sowohl Dichter als auch Essayist war: Bei ihm sind Sensibilität und Emotion eng mit Klarheit und der Gedankenwelt verbunden. Daraus ergibt sich eine argumentative Poesie, in welcher einer der einflussreichsten und weltweit bekanntesten deutschen Intellektuellen seine Meinung kundtut und polemisiert, sowie eine essayistische Aufgabe, die ständig an das Paradoxe und die Brecht’sche Fähigkeit zur Demontage von Situationen, die durch die Routine als natürlich gelten, appelliert.

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Laura Restrepo: Vorreiterrolle Lateinamerikas

Bild: Alfaguara

Auf der Internationalen Buchmesse (FIL) in Guadalajara fand diese Woche ein Interview mit der Schriftstellerin Laura Restrepo (Bogotá, 1950) statt, auf der sie ihren neuesten Roman Canción de antiguos amantes vorstellt, Bücher signiert und an einer Hommage für José Saramago teilnimmt.

Die Autorin ist zuversichtlich, dass sich Lateinamerika mit der neuen geopolitischen Landkarte der Region als Vorreiter etablieren wird, um als Alternative einer Welt zu fungieren, deren Aussichten sie ansonsten als fast apokalyptisch betrachtet. Lateinamerikaner denken, im Guten wie im Schlechten, die einen mehr, die anderen weniger, weiter über das soziale Problem nach, darüber, dass die Armut bekämpft werden muss, dass die Würde verteidigt werden muss. Europa ist von der Invasion in der Ukraine sehr betroffen, weil es das Gefühl hat, man sei in sein Territorium eingedrungen. „Kein Volk darf überfallen werden, aber von dort zu dieser Art von Heldentum der NATO als großer Verteidiger des Planeten ist es ein sehr großer Sprung“, sagt die kolumbianische Schriftstellerin am Rande der Buchmesse in Guadalajara. Sie hinterfragt den kriegerischen Aufruhr in einem Kontinent wie Europa, wo man anscheinend zum Krieg aufruft, „bis der letzte Ukrainer stirbt“, anstatt einen Geist des Friedens und des Dialogs zu suchen. Stattdessen würden die Länder die Gelegenheit nutzten und wie verrückt aufrüsten. Wobei das Waffengeschäft, das hinter dem Krieg steht, in den europäischen Medien nicht thematisiert wird, so die Autorin.

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Buchpremiere VHS Essen

Gestern fand in der Volkshochschule Essen die Buchpremiere der 1. Anthologie von Essener Bürgerinnen und Bürgern statt. Mit dem Titel Was ich gestern… Was ich heute… Essen unterWEGs erscheint diese Anthologie im Geest-Verlag und spiegelt die bunte Vielfalt der Stadt Essen wider, da die Beiträge gemeinsame Wege und Prägungen von Bürgerinnen und Bürgern zeigen, aber auch Kunde von ganz individuellen Lebensgeschichten geben. Neben einigen Texten, die von verschiedenen Teilnehmern gelesen wurden, rahmte Recep Seber mit seinem Kanun diese Veranstaltung musikalisch sehr passend und schön ein. Artur Nickel, der Herausgeber der Anthologie, führte durch die Veranstaltung und machte an einer Stelle deutlich, wieviel ’Aufbruch‘ in diesem Buch und somit auch in der Stadt Essen steckt.

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